Von Autos, Tornados und Verspätungen!

Von Autos, Tornados und Verspätungen!

Ich bin jetzt schon fast anderthalb Jahren in den USA. Aber noch nie hatte ich so eine anstrengende Arbeitswoche. Am Samstag nach Thanksgiving bin ich aus dem Florida Urlaub nach Hause gekommen. Darüber wird es auch noch einen Beitrag geben. Am Montag fing der Arbeitsalltag schließlich wieder an. Wenigstens konnte ich etwas länger schlafen, da ich meine Gastfamilie erst um halb Zehn vom Flughafen abholen musste. Sie waren auf einer Kreuzfahrt gewesen.
Vom Flughafen aus ging es sofort zu dem Büro meiner Gastmutter. Nachdem ich sie abgesetzt hatte, ging es weiter zu Angies und anschließend zu Ryans Schule. Danach war es bloß ein normaler Arbeitstag.

Der Stress fing erst am Dienstagnachmittag an. Ich hatte Angie von der Schule abgeholt, als ich bereits auf der Autobahn bemerkte, dass irgendetwas mit dem Auto nicht stimmte. An der nächsten Ampel stellte ich beim Anfahren fest, dass das Auto gar nicht mehr richtig anzog. Zeitweise ist es sogar nur im ersten Gang geblieben. Angie stimmte schließlich ein Trommelwirbel an, damit wir es noch nach Hause schaffen würden. Ich hatte wirklich Sorge, dass mir das Auto einfach liegen bleibt. Deswegen bin ich auch durch die Nachbarschaften gefahren. Erstens weil die Geschwindigkeitsbegrenzung dort niedriger war und mein Auto schließlich kaum über 20 mph hinauskam. Und zweitens weil ich wirklich nicht mitten im Feierabendverkehr auf einer viel befahrenen Straße liegen bleiben wollte.
Wir haben es zum Glück noch nach Hause geschafft. Meine Gastmutter war auch schon auf dem Weg nach Hause. So konnte ich ihr Auto benutzen, um Ryan abzuholen und Angie zum Tanzen zu fahren.

Mit ihrem Auto habe ich die Kinder am nächsten Tag auch zur Schule gefahren. Der Pförtner an Ryans Schule hat uns gar nicht erkannt und ist aus seinem Pförtnerhaus herausgekommen, um zu sehen, wer da aufs Schulgelände möchte 🙂
Wieder zu Hause angekommen, habe ich die Autos gewechselt, um meins in die Werkstatt zu bringen. Erstaunlicherweise ließ es sich um einiges besser fahren als am Tag zuvor. Trotzdem war eine Warnlampe am Amaturenbrett an.
Als ich bei der Werkstatt aus dem Auto gestiegen bin, wurde ich direkt gefragt, wie man mir helfen könnte. Meine einfallsreiche Antwort war: „My car is kind of broken!“ Die Antwort des Mechanikers feiere ich heute noch: „Kind of broken? We can fix that.“
So weit gehen meine Englischkenntnisse dann leider noch nicht, dass ich ihnen genau hätte erklären können, was mit dem Auto falsch ist. Wenigstens weiß ich jetzt, dass „Transmission“ „Getriebe“ auf Englisch heißt.
Meine Freundin Anna war so lieb und hat mich von der Werkstatt abgeholt. Gemeinsam sind wir danach zu einem Laden für Tanzbedarf gefahren. Wir waren gerade fertig mit unseren Einkäufen dort, als mich mein „Gastvater“ anrief und mir mitteilte, dass die Werkstatt für mein Auto nichts tun könnte und das wir es in eine andere Werkstatt geben müssten. So viel zu „We can fix that!“ 🙂

Also ging es für mich nicht nach Hause. Stattdessen hat Anna mich wieder bei der Werkstatt abgesetzt. Dort habe ich mein Auto geholt – immerhin musste ich nichts bezahlen – und es in die andere Werkstatt gefahren.
Der Mechaniker dort wollte, dass ich ein halbe Stunde warte, damit er mir bereits eine Prognose geben könnte. Also saß ich dort, hatte Kopfschmerzen und langweilte mich. Sie waren allerdings so freundlich und haben mir Wasser angeboten, das ich gerne angenommen habe.
Als der Mechaniker wiederkam, fing er an, mir das Problem zu erklären. Ich stoppte ihn aber schon ziemlich bald und fragte, ob ich meinen „Gastvater“ anrufen könnte, damit er ihm das erklären könnte. Gesagt, getan! Um euch nicht mit Details zu langweilen, hier die Kurzfassung – mein Auto hat einen Schaden am Getriebe.
Sie konnten das Problem aber noch nicht ganz eingrenzen und daher sollte ich das Auto dort lassen. Sehr lustig fande ich auch, dass alle dachten, ich sei mit meinem „Gastvater“ verheiratet. Wahrscheinlich haben sie bei uns beiden den deutschen Akzent gehört und haben daraus diese Schlussfolgerung gezogen.

Ich bestellte mir also ein Uber – das ist wie ein Taxi, nur mit Privatpersonen – zu der Werkstatt und von dort aus ging es zu den Eltern meiner Gastmutter. Mein Uber-Fahrer war super nett und wir haben uns auf dem gesamten Weg dorthin unterhalten – natürlich über Deutschland. Ein anderes Thema gibt es selten, wenn Fremde meinen Akzent hören und mit mir ins Gespräch kommen.
Bei den Großeltern habe ich eins von ihren Autos abgeholt, damit ich immer noch mobil sein kann und meine Arbeit verrichten kann.
Als ich schließlich wieder zu Hause war, hatte ich eine Stunde für mich, bevor ich die Kinder wieder abholen musste. Diese Stunde habe ich auf der Couch verbracht mit meinem guten Freund Netflix. Nach einiger Zeit habe ich Sirenen gehört. Ich dachte, dass seien einfach nur mehrere Feuerwehrwagen, die zu einem schlimmen Unfall ausrücken würden. Bis meine Gastmutter anrief und mich dazu aufforderte, sofort mit dem Hund in den Keller zu gehen und nicht nach oben zu kommen, bis sie mich wieder anrufen würde. Der Grund dafür war eine Tornadowarnung und die Sirenen waren keine Feuerwehrwagen, sondern Warnsirenen, oder wie immer man die nennt.
Ich also mit dem Hund in den Keller. Das war das erste Mal, dass ich darüber froh war, dass mein Zimmer kein Fenster besitzt. Nach zwanzig Minuten war der Spuk schon wieder vorbei und ich durfte wieder nach oben. Es bestand allerdings immer noch eine Tornadowarnung.
Daher musste ich als erstes Ryan von der Schule abholen. Er hatte dort ebenfalls eine Stunde im Keller zugebracht. Nachdem ich ihn zu Hause abgesetzt hatte, ging es nach Buckhead, um Angie abzuholen. Sie musste an diesem Tag ausnahmsweise einmal in die Übermittagsbetreuung, da ich ja zuerst ihren Bruder abholen musste. Als ich den Raum der Übermittagsbetreuung endlich gefunden hatte, wurde ich dort gefragt, ob ich denn auch ein Elternteil mit dabei hätte. Wahrscheinlich hielt sie mich für eine Schülerin, die bloß ihre kleine Schwester abholen wollte. Es war ihr schließlich etwas peinlich, als ich antwortete, ich sei Angies Guardian.
Die arme Angie musste während dem Tornadoalarm 45 Minuten in einer hockenden Position mit eingezogenem Kopf im Flur verharren. Das fand ich ziemlich übertrieben und ihr hat danach verständlicherweise der Nacken weh getan.
Was für ein verrückter Tag. Am Abend war ich einfach nur noch kaputt und müde.

Der Donnerstag wurde leider nicht weniger stressig. Nach dem ich Angie beim Tanzen rausgelassen hatte und Ryan von der Schule abgeholt hatte, ging es für uns beide in den Baumarkt. Der Verkehr war am späten Nachmittag natürlich schrecklich. Als wir schließlich ankamen, blieb uns noch eine halbe Stunde, bevor wir wieder los mussten, um Angie abzuholen. Auf unserer Einkaufsliste standen Dinge, die Ryan brauchte, um ein Schulprojekt durchzuführen. Er hätte es eigentlich schon längst fertig haben sollen. Dieses Unterfang fiel also in die Sparte „Auf den letzten Drücker“
Als wir alles zusammen hatten, ging es also direkt ins Auto. Mein Navi teilte mir mit, dass wir genau um sechs Uhr beim Tanzstudio sein würden. Es hätte also perfekt hingehauen. Tja, hätte! Wenn da nicht der heavy Feierabendverkehr gewesen wäre, ich so die Spur nicht wechselten konnte und wir somit unsere Ausfahrt verpasst haben. Und wenn ich danach nicht auf Ryan gehört hätte und die nächste Ausfahrt genommen habe, die uns in ein Parkhaus der Metro führte. Dort staute es sich natürlich ebenfalls, da die ganzen Leute mit der Bahn von der Arbeit kamen und mit dem Auto dann nach Hause wollten. Es hat sich angefühlt wie eine Ewigkeit, bis wir endlich wieder aus dem Parkhaus heraus waren. In der Zwischenzeit hatte ich Ryan bereits beauftragt, beim Tanzstudio anzurufen, um ihnen mitzuteilen, dass wir uns verspäten würden.
Mit einer halben Stunde Verspätung sind wir endlich am Tanzstudio angekommen. Von den Mitarbeitern dort hatte keiner Angie Bescheid gegeben, dass wir und verspäten würde. Die Arme hatte also keine Ahnung, wo wir blieben.
Zu allem Übel hatte ich an diesem Tag auch noch heftige Kopfschmerzen und wenn ihr euch jetzt denkt, dass alles gut war, weil die Kinder und ich zu Hause waren, dann habt ihr euch getäuscht. Ich musste nach der Arbeit nämlich noch zu einem Cluster Meeting – Juhuuu!!! Da geht man doch gerne nach einem anstrengenden Arbeitstag um neun Uhr abends mit heftigen Kopfschmerzen hin. So toll war es dann auch nicht. Wir haben über Weihnachten geredet, Baumschmuck ausgetauscht und etwas gegessen. Meine Betreuerin wollte mich nur unbedingt mit dabei haben, weil wir an dem Abend ein Gruppenbild geschossen haben.

Der Freitag sollte eigentlich entspannter sein, was er auch ein bisschen war. Ich bin allerdings trotzdem in Stress gekommen. Ich hatte Angie von der Schule abgeholt und sollte sie eigentlich bei ihrem Vater abgeben, aber sie hatte etwas zu Hause vergessen. Daher mussten wir erst dort hin, bevor ich zum Vater fahren konnte.
Das hat mich zeitlich etwas nach hinten geworfen und ich bin nicht ganz mit dem Wäschefalten fertig geworden, da ich los musste zu einem Konzert.

Am Freitag ist der Verkehr hier in Atlanta noch schlimmer als an den anderen Tagen. Und daher hat es ziemlich lange gedauert, bis ich bei der Kirche angekommen war, wo das Konzert stattfinden sollte. Ich bin übrigens alleine zu diesem gegangen, da ich die Band For King & Country unbedingt sehen wollte, aber alle meine Freundinnen noch arbeiten mussten. Ich habe es nicht bereut. Die Band ist einfach nur klasse und sie wissen wie man ein gutes Konzert gibt. Da es Weihnachtszeit ist, haben sie auch einige meiner Lieblingsweihnachtslieder gesungen.
Der Sänger kam sogar einmal nach oben auf den Oberrang, wo ich saß und ist ganz nah an mir vorbeigelaufen. Ich würde jede Zeit wieder alleine gehen.
Es war nur etwas nervig, das neben mir ein Junge saß, der die ganze Zeit am Handy war und sich anscheinend gar nicht für das Konzert interessierte. Zum Glück hat er später Sitzplätze getauscht. Es ist traurig, dass die Kindr von heute, noch nicht einmal ein Konzert zu schätzen wissen. Für mich war es immer etwas ganz Besonderes, wenn meine Eltern mich zu einem mitgenommen haben.

Und damit ende ich diesen elend langen Beitrag. Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, ihn zu lesen!

P.S: Ich habe ganz vergessen, zu erwähnen, dass bei dem Unwetter ein Baum in unserer Einfahrt umgefallen ist. Der wurde zum Glück aber schon wieder weggeräumt. 

 

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