Rettet die Pferde … und den Truthahn!

Rettet die Pferde … und den Truthahn!

Und da bin ich schon wieder zu Hause. Die Zeit in Atlanta ist richtig verflogen und ich habe meinen Aufenthalt dort sehr genossen. Für alle die es nicht wissen, ich habe dort eine befreundete Familie besucht. Sie sind damals vor neun Jahren in die USA ausgewandert und kommen uns jedesmal besuchen, wenn sie Urlaub in Deutschland machen.
Alexandra war früher selber Au pair und hat ein Jahr in Maryland auf der anderen Seite von DC gelebt. Ich fand es genial, mich mit einem ehemaligen Au pair austauschen zu können und ihre Erfahrungen zu hören.

Wie schon gesagt, es ging am Montag für mich nach Atlanta. Der Flug dauerte zwei Stunden und ich konnte zum Glück ein Fensterplatz ergattern. Die meiste Zeit habe ich also damit verbracht, die Wolken draußen anzuschauen. Klingt natürlich nicht sehr aufregend, aber ich mochte es irgendwie.
In Atlanta angekommen, wurde ich vom Flughafen abgeholt. Meine Freunde wohnen zwar in einem Vorort von Atlanta, aber trotzdem haben wir fast zwei Stunden gebraucht, bis wir bei ihrem Haus waren. Atlanta ist nämlich ziemlich weitläufig und der Flughafen lag am anderen Ende der Stadt.

Es gab zum Glück sofort Mittagessen. Ich war ziemlich hungrig, da ich nicht gefrühstückt hatte. Es war so schön, mal wieder eine richtige Brotmahlzeit zu haben und Schwarzbrot zu essen. Dazu gab es leckeren Tee.
Den Rest des Tages haben wir ganz ruhig verbracht und uns eigentlich nur ausgetauscht bis es schon Abendbrot gab.

Ich habe ein eigenes Gästezimmer zur Verfügung gestellt bekommen mit einem schönen großen Bett. Nach dem ich ja so wenig Schlaf am Wochenende vorher bekommen hatte, habe ich wie ein Baby geschlafen. Und das tolle war, dass ich auch wirklich ausschlafen konnte. Ich wurde mal nicht von Fußgetrampel oder Kindergeschrei aufgeweckt. So habe ich es seit langem mal wieder geschafft, bis nach zehn Uhr im Bett zu bleiben.
Nach dem Aufstehen wurde dann jedesmal gemeinsam zu Frühstück gegessen. Nicht so wie bei mir, wo jeder sich selber was macht und man sich dann an den Tisch setzt. Hier wurde alles auf den Tisch gestellt und dann wurde auch gemeinsam angefangen.
Allgemein war das Essen sehr gut und vor allem selbstgekocht. Das hat mir sehr gut gefallen und ich habe richtig zugelangt.

Am Nachmittag ging es dann auf eine Pferdefarm. Auf dieser Farm sind Pferde untergebracht, die vorher missbraucht wurden, oder mit denen sonst keiner mehr was anzufangen weiß. Den Pferden wird hier wieder beigebracht, Menschen zu vertrauen und über ihre Vergangenheit hinweg zu kommen.
Wir haben geholfen die Pferde von den Weiden in ihre Boxen zu bringen und sie anschließend zu füttern. Ein Pferd hat mir besonders gut gefallen, das ich von der Weide in den Stall gebracht hatte. Sein Name ist Jackson und er ist schwarz-weiß gescheckt. Das besondere an ihm ist, dass sein eines Auge braun ist und das andere hell blau. Das hat mich sofort an meine Kaninchen erinnert, die auch unterschiedliche Augenfarben aufweisen.
Auf der Farm gibt es übrigens auch Hühner, Ziegen, Esel, Schweine und einen Truthahn, der vorm Schicksal als Thanksgiving Festmahl zu enden, bewahrt wurde. Er wurde liebevoll Theodore getauft.
Die Arbeit hat mir auf jeden Fall Spaß gemacht und das beste war, dass ich sie mir für meinen College Kurs als Freiwilligenarbeit anschreiben lassen konnte. Ich weiß nicht, ob ich das schon mal erwähnt habe, aber um alle Credits für meinen Kurs zu bekommen, muss ich ein paar Stunden Freiwilligenarbeit aufweisen können. Bis jetzt hatte ich bei mir in Arlington nichts gefunden, da überall wo ich nachgefragt hatte, keinen Bedarf mehr an Volunteers – wie es hier heißt- bestand. Ich bin schon fast verzweifelt. Die Amis scheinen es wohl zu lieben, ihre Freizeit mit Volunteer Work zu verbringen.

Am Mittwoch konnte ich dann ein bisschen mehr von der Gegend sehen, als wir losgezogen sind, um Besorgungen zu erledigen. Ach, bevor ich es vergesse, am Morgen wurde ich von einem richtige lauten Knall aus meinem Schlaf gerissen. Ich dachte schon, dass ganz Atlanta in die Luft geflogen sei. Es handelte sich aber nur um einen Donner. Einen so lauten hatte ich vorher aber noch nie gehört.
Unsere Besorgungstour hat uns  auch in einen ‚Farmers Market‘ geführt. Ich war erstaunt, wie billig die Lebensmittel dort angeboten wurden. Ansonsten ist es in den USA ja immer richtig teuer, wenn man einkaufen geht. Aber hier hat man doch tatsächlich noch Sachen unter einem Dollar gefunde – o Wunder, o Wunder.
Später ging es in den Aldi. Ihr habt richtig gehört, auch in den USA gibt es Aldi. Natürlich ist er anders aufgebaut als in Deutschland, es gibt aber immerhin ein paar deutsche Produkte. Ich bin vor Freude fast ausgerastet, als ich gesehen habe, dass sie deutsche Schokolade – Choceur – im Sortiment hatten. Selbstverständlich habe ich sofort zugeschlagen und mir einen Vorrat angelegt. Ihr müsst nämlich eins wissen, die Amerikaner scheinen ja viel gut zu können, gute Süßigkeiten herzustellen gehört allerdings eindeutig nicht dazu.
Danach haben wir sogar deutsche Lebkuchen und Spekulatius-Kekse entdeckt. Die waren sogar runtergesetzt, da die Weihnachtszeit schon vorbei war. Damit habe ich mich auch eingedeckt. Schogetten gab es übrigens auch.

Nachdem es die Tage vorher nur geschüttet hatte, wollten wir am nächsten Tag den Sonnenschein ausnutzen und ein bisschen spazieren gehen. Der männliche Teil war daran allerdings nicht interessiert und so haben sie uns bloß abgesetzt und sind dann weiter zu einem Elektromarkt gefahren.
Unser Plan war es, am See entlang zu spazieren. Die schweren Regenfälle hatten aber dazu geführt, dass der Wasserstand angestiegen ist und somit die meisten Wege unter Wasser standen. Der See ist übrigens ziemlich groß und hat mich stark an den Smith Mountain Lake erinnert, wo ich diesen Sommer mit meiner Gastfamilie unseren Urlaub verbracht habe.
Wir haben zum Glück dann doch noch einen Weg gefunden, der sich etwas weiter weg vom Ufer durch die Bäume schlängelte. Aber auch dieser Weg stand nach einer Weile unter Wasser. Das machte aber nichts, da wir sowieso nach Hause zum Mittagessen mussten.

Nach dem Mittagessen ging es wieder auf die Farm. Als wir ankamen, waren allerdings schon alle Pferde im Stall und mit der Fütterung waren sie auch schon fast durch. Wir haben dann die Aufgabe erhalten, die Hühner ins Hühnerhaus zu scheuchen. Das hat richtig Spaß gemacht. Im Gehege war auch ein Ziege untergebracht, die wir sogar streicheln konnten und die gerne als Fotomodel zur Verfügung stand.
Als wir zurück in den Pferdestall kamen, war eine Frau damit beschäftigt, die Hufen ‚ihres‘ Pferdes mit einer Medizin einzustreichen. Sie hat uns gefragt, ob wir das Pferd nicht ein bisschen streicheln wollen und ihm ein bisschen Gesellschaft leisten wollen. Das Angebot haben wir sehr gerne angenommen. Das Pferd hieß Tibo und war schneeweiß und sehr lieb. Er hat es genossen, von uns gestreichelt zu werden. Als die ‚Besitzerin‘ ihn zurück auf die Weide gebracht hat, durfte Naomi sogar auf ihm reiten. Das hat ihr besonders gut gefallen.
Zum Schluss haben wir noch ein Pferd gestriegelt. Es war ein sehr großes und ein sehr dreckiges Pferd, das leider unter Rheuma litt. Auf dem Hof sind viele Pferde mit chronischen Krankheiten. Ein kleines Shetland Pony hat zum Beispiel Arthrose und ein anderes Pferd hat Asthma. Einem anderen fehlt sogar ein komplettes Auge. Es sieht ein bisschen wie ein Geisterpferd aus, da es ebenfalls schneeweiß ist.
Ich finde es klasse, welche Arbeit die Leute auf diesem Hof verrichten. Viele Pferde können später sogar wieder vermittelt werden. Zudem kann jedes Pferd adoptiert werden. Man kommt dann für die Kosten des Pferdes auf. Tibo wurde auch adoptiert. Die ‚Besitzerin‘ steckt richtig viel Arbeit ihn in und bringt ihm gerade bei, wieder einen Reiter zu tragen.

Nachdem alle Arbeit verrichtet war, ging es nach Hause, um die selbstgemachte Pizza vorzubereiten. Das war nämlich unser Silvesteressen. Wir haben einen Quark-Öl-Teig verwendet, was mich einfach richtig an zu Hause erinnert hat, da wir auch immer diesen Teig für unsere Pizzen verwenden.
Nach dem Essen haben wir ein paar Spiele gespielt. Irgendwann waren wir aber alle so müde, dass wir uns doch vor den Fernseher geschmissen haben und einen Film bis Mitternacht angeschaut haben. Auf das neue Jahr wurde schließlich mit Sekt angestoßen. Es war demnach ein sehr ruhiges Silvester, aber mir hat es gefallen. Ich brauche kein großes Tara, um das neue Jahr zu begrüßen. Zu Hause halten wir meistens auch nur einen Spieleabend ab.

Am Neujahrstag ging es nach Atlanta rein. Den ersten Stop haben wir bei dem Nachrichtensender CNN gemacht. Wir haben aber keine Tour durch das Gebäude gemacht, da es erstens etwas zu teuer war und zweitens wird Noah das in ein paar Monaten mit seiner Schulklasse machen.
Anschließend sind wir durch den Olympicpark geschlendert, der sich direkt neben dem CNN-Gebäude befand. Es war ziemlich kalt und wir haben alle gefroren.
Weiter ging es mit dem Auto zu der Ebenezer Church. In dieser Kirche hat Martin Luther King als Pfarrer gearbeitet. Leider waren die Kirche und das Besucherzentrum geschlossen. Alexandra und ich sind dann ohne die Kinder zu einem Platz gegangen, wo wir dachten, dass er Martin Luther King gewidmet war. Damit lagen wir auch richtig. Wir waren allerdings sehr erstaunt, als wir gesehen haben, dass sich dort sogar das Grab von ihm und seiner Frau befindet. Damit hatten wir gar nicht gerechnet.
Den letzten Stop haben wir in einer Shopping Mall gemacht, wo ich zwei Tassen für meine Mädchen gefunden habe. Die werden sie nachträglich noch zu Weihnachten bekommen zusammen mit einem Kinogutschein von mir.

Eine lustige Anekdote zum Schluss habe ich noch. Naomi, sie ist sieben Jahre alt, meinte auf einmal während einer Mahlzeit unvermittelt, dass Hitler ein Moslem war. Wir haben Tränen gelacht. Die Kleine hat ständig lustige Sprüche gebracht. Ein anderer Spruch von ihr war: ‚Das Pferd ist sehr nett, aber agressiv.‘ 🙂

Ich habe diese fünf Tage sehr genossen. Wir konnten gute Gespräche führen, das Essen war erstklassig und vor allem war das Haus ordentlich und sauber – nicht wei bei meiner Gastfamilie, wo das Chaos herrscht. Es tat gut, mal aus meinem Alltag raus zu kommen und etwas vom Land zu sehen.
Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn sie mich in Arlington besuchen kommen.

Im nächsten Beitrag erzähle ich euch dann von meiner Heimreise. Die war nämlich etwas untypisch.
Morgen kommt übrigens mein Bruder und seine Freundin bei mir an. Die Vorfreude ist groß und ich bin mir sicher, dass wir eine tolle Zeit verbringen werden.

Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche euch allen noch ein

Happy New Year!

Ein Gedanke zu „Rettet die Pferde … und den Truthahn!

  1. Liebe Mirjam,
    dass freut mich unendlich als Mama, dass du eine gute Zeit bei Alexandra und ihrer Familie verbracht hast. Unterschiede in den Familien finden sich allzu häufig und deshalb ist es um zu schöner „Familiendüfte“ für eine auch kurze Zeit um sich haben zu können.
    Trotz allem, einen guten Start in die neue Woche mit deinen „zwei Mädels“ und ein häufiges „Hinwegschauenkönnen“ über das, was du nicht verstehst.
    Viel, viel Freude und eine super Zeit mit Daniel und Katrin sollen dich dabei unterstützen.
    Drück mir die Beiden ganz feste, damit sie was davon mit nach Deutschland, an mich, mitbringen können.
    Habe dich lieb
    Mama

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