Bachläufe
Es ist einfach nur so viel leichter, einen Zehn-Stunden-Tag zu überstehen, wenn draußen perfektes Wetter herrscht. Am Montag war es nämlich mal wieder so weit, dass eines meiner Mädchen keine Schule hatte. Ellas Lehrer hatten nämlich einen Teacher-Work-Day. Ich habe keine Ahnung, was die Lehrer an so einem Tag machen – wahrscheinlich nur Kaffe trinken!
Am Morgen musste ich Claire nicht zur Schule fahren, da ihr Vater an diesem Tag auswärts gearbeitet hat und die Schule auf seinem Weg lag. Also blieben Ella und mir noch mehr Zeit zur freien Verfügung. Nachdem ich auch endlich mal gefrühstückt hatte, ging es raus zum Spielplatz. Ella hatte seltsamerweise nichts dagegen einzuwenden. Normalerweise fängt sie immer lautstark an zu protestieren.
Ihre Freunde aus der Nachbarschaft kamen auch ziemlich bald zum Park und wir haben alle gemeinsam Fangen gespielt. Nach einiger Zeit hatten Ella und ich aber keine Lust mehr, da die anderen Kinder nicht fair gespielt haben und Ella immer reingelegt haben. Es wurde daher eine andere Beschäftigung gefunden.
Als ihre Freunde nach Hause mussten, haben auch wir uns auf den Weg gemacht. Bei 27 Grad Außentemperatur wollte ich aber ungern im Haus sitzen. Wir haben uns daher eine Decke geschnappt und es uns im Vorgarten bequem gemacht. Ella hat gelesen und ich habe Musik gehört.
Als uns das zu langweilig wurde, sind wir in die Küche, um ein Picknick zu packen. In den Korb kamen Sandwichs, hartgekochte Eier, Paprika, Karotten und und und …
Anschließend ging es ins Auto und ab zum Potomac Overlook Park. Dort war ich schon einmal am Anfang meiner Aupair-Karriere. Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch daran. Damals haben wir uns heillos verlaufen bei dem Versuch, den Potomac zu finden.
Es war einfach nur ein perfektes Timing – kaum hatte ich das Auto geparkt, da kam auch schon Kimi mit ihren Host Children vorgefahren. Wir hatten uns nämlich verabredet, da auch ihre Kinder keine Schule an diesem Tag hatten.
Als erstes wurde das mitgebrachte Lunch verzehrt. Dabei habe ich einmal aufgeschrien, als ich bemerkte, dass mir etwas am Bein hochkletterte. Zum Glück war es nur eine Raupe. Die Kinder waren natürlich begeistert.
Nach dem Essen ging es für einen Spaziergang in den Wald. Der Park ist nämlich kein Park, sondern schon fast ein Stadtwald. Ab diesem Moment ging die schlechte Laune bei Ella los. Wir sind nämlich nicht den Weg gegangen, den sie gehen wollte. Sie hat aber auch genau die Route vorgeschlagen, au der wir uns damals verlaufen hatten.
Ella kann ein Nein schwer verkraften und hat daher den gesamten Weg rumgemault. Irgendwann habe ich sie zu mir gerufen und ihr eine Standpauke gehalten. Danach hat wenigstens das Maulen aufgehört.
Wir haben zwei Eulen und einen Falken gesehen – in Käfigen. Es tut mir immer im Herzen weh, diese wunderbaren Tiere eingesperrt zu sehen.
Ellas Stimmung hellte sich ein bisschen auf, als wir an einem Bachlauf ankamen und diesen überqueren mussten. Da ist meine Große ganz in ihrem Element und braucht auch gar keine Hilfe. Bei Kimis Kinder, die etwas jünger sind, sah das schon anders aus. Aber mit Kimis tatkräftiger Hilfe, haben auch sie es geschafft. An einer Bachgabelung entschieden wir uns, ein bisschen zu rasten. Kimi und ich haben uns auf einen großen Stein gesetzt und ihren Kindern dabei zugesehen, wie sie Steine ins Wasser warfen und Ella wie sie durch die Gegend kratzelte.
Es kam auch eine Familie an uns vorbei. Beim Überqueren des Baches ist eins der Mädchen ins Wasser gefallen und hat angefangen zu weinen. Ella ist später diese Ecke erkunden gegangen und ich habe ihr immer wieder gesagt, dass sie aufpassen soll, nicht ins Wasser zu fallen. Ihre Antwort: „Ja ja, wird schon nicht passieren.“ Ihr dürft raten, was passier ist? Nein, sie hat sich nicht in einen Elch verwandelt und ist davongelaufen. Stattdessen ist sie ausgerutscht und mit dem Hintern im Bach gelandet. Sie hat zum Glück nicht angefangen zu weinen. Kimi und ich haben gelacht, da dem Mädchen vorher exakt das Selbe passiert ist und wahrscheinlich auch aus Erleichterung, dass Ella nicht ausflippte.
Allerdings hat Ella uns das krumm genommen und war sauer auf uns. Auf dem Weg zum Auto hat sie mir unenwegt böse Blicke zugeworfen und immer wieder ausgerufen: „It is NOT funny.“
Später nachdem wir Claire abgeholt hatten und ihre Quite Time schon fast zu Ende war, bin ich zu ihr hoch ins Zimmer, um mit ihr zu reden. Ich habe ihr gesagt, dass Kimi und ich sie nicht ausgelacht haben und das es uns leid tut, wenn sie es so aufgefasst hat. Danach war auch wieder alles in Ordnung und der Alltag konnte einkehren.
Claire hatte ihre letzte Eishockey-Stunde, Ella hat währenddessen Hausaufgaben gemacht und wieder zu Hause angekommen, wurde Lunch für den nächsten Tag gepackt. Dabei habe ich ausnahmsweise Claires Lunch gepackt, da sie ganz dolle Ohrenschmerzen hatte und ziemlich geschluchzt hat deswegen.
Die ganze Woche schon trägt Claire diesen Infekt mit sich herum. Am Montag und Dienstag waren es die Ohrenschmerzen und ab Mittwoch ist es Husten, die ganze Zeit begleitet von Naselaufen. Das Kind geht trotzdem zur Schule. Schließlich hat sie kein Fieber. Dann wäre sie verpflichtet, zu Hause zu bleiben. Aber so kriegt sie einfach Ibuprofen für Kinder reingepfiffen gegen die Ohrenschmerzen und das war es. Bin ich froh, dass ich meine Mama habe, die sich wirklich um einen kümmert, wenn man mal krank ist und die versucht, die Symptome zu lindern anstatt sie zu überdecken.