Kind oder schon Teenager?
Endlich komme ich mal dazu, den Beitrag für diese Woche zu verfassen. Ich weiß, normalerweise kommen immer zwei Beiträge pro Woche. Diese Woche wird es leider nur einer. Hoffentlich schaffe ich es nächste Woche, wieder zwei Beiträge zu schreiben.
Letzte Woche Samstag wurde ich von einer Nachbarin gefragt, ob ich nicht am Abend auf ihre Kinder aufpassen möchte. Sie hat zwei Mädchen in Ellas Alter, die mit ihr sogar auf die selbe Schule gehen. Ich habe zugesagt und habe mich kurz vor sieben auf den Weg zu ihrem Haus gemacht. Es gibt eigentlich nicht viel zu berichten. Wir haben für eine Stunde vier oder fünf Puzzels gemeinsam gemacht und dann war es schon Zeit für die Zwillinge, ins Bett zu gehen. Es gab keine Probleme und bald lagen sie schlummernd in ihrem Bett. Übrigens glaube ich, dass amerikanische Kinder nicht einschlafen können, wenn es komplett ruhig um sie ist. Meine Mädchen haben jeweils eine Fönmaschine – ich nenne das jetzt einfach mal so – in ihren Zimmern. Ich glaube, darüber habe ich schon mal berichtet. Die Zwillinge haben einen Noisemaker in ihrem Raum. Der ist noch lauter als der von Ella und Claire und ich persönlich würde kein Auge zubekommen. Aber wahrscheinlich hören deutsche Kinder einfach nur Hörspiele zum Einschlafen. Das ist sozusagen auch ein Geräuschemacher – aber einer mit Sinn dahinter.
Die Eltern sind um elf Uhr wieder nach Hause gekommen und der Vater hat mich sogar nach Hause begleitet. Das fande ich sehr nett und aufmerksam von ihnen. Dabei wohne ich nur vier Häuser weiter.
Ella hatte am Montag immer noch keine Schule, da ihre Lehrer eine Konferenz hatten. Wir haben also wieder einen Lesetag eingelegt und waren auswärts Mittag essen. Nachdem Claire auch wieder zu Hause war, sind wir wieder in den normalen Alltagsrhythmus verfallen.
Was war ich wieder froh, in den normalen Alltag am Dienstag einsteigen zu können. Leider ist auch Claire wieder in alte Muster gefallen und war sehr sehr langsam am Morgen. Daher musste ich ihr sogar den Yoghurt zum Frühstück streichen, da wir es ansonsten zeitlich nicht hinbekommen hätten. Aber auch beim Zähneputzen und Anziehen war sie wie eine Schnecke. Mein Geduldsfaden wurde ziemlich auf die Probe gestellt.
Da es Dienstag war, hieß es für Claire nach der Schule, eine Mittagsschlaf zu halten. Madame Claire hat aber mal wieder ihre eigenen Entscheidungen getroffen und hat nicht geschlafen. Die Folge war eine Claire, die aussah wie ein blutrünstiger Vampier, so dunkle Augenringe hatte sie. Und sie ist wie am Morgen wieder in den Schneckenmodus verfallen. Sie hat alleine über zehn Minuten gebraucht, um sich für eine Dusche zu entkleiden. Nachdem sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich mit der Dusche fertig war – habe ich jemals erwähnt, dass die Mädchen alle zei Tage duschen? – ging es ans Lunch machen. Auch hier war sie sehr langsam.
Meine Gasteltern sind nach der Arbeit direkt zum Capital-Spiel gefahren und daher musste ich spät arbeiten. Zum Abendessen ging es wieder zu BGR, da ich einfach zu erschöpft zum Kochen war. Hier hat natürlich meine Arbeitskarte nicht funktioniert und ich musste das Essen aus eigener Tasche bezahlen. Es ist schon ein bisschen peinlich, wenn der Kassierer sagt, das die Karte nicht funktioniert.
Claire habe ich dann ausnahmsweise mal ohne Gute-Nacht-Geschichte ins Bett gebracht, da sie den ganzen Tag so langsam war und während ihrem Mittagsschlaf nicht geschlafen hat.
Als die Kinder endlich schliefen, konnte ich mir das Caps-Spiel im Fernsehen anschauen. Ich war so erschöpft wie lange nicht mehr und zu allem Übel haben die Caps auch noch verloren. Das war definitiv nicht mein bester Tag.
Am Donnerstag kam Claire ganz begeistert aus der Schule wieder, da sie erfahren hatte, dass am nächsten Tag Pyjama-Tag in ihrer Schule war. Das bedeutet, dass die Kinder in ihren Schlafanzügen zur Schule kommen dürfen. Ich fand das auch besonders toll, da es die Morgenroutine um einiges erleichtert hat. Claire trödelt ja bekanntlich beim Anziehen immer. Dafür hat Ella mir so zeimlich den Morgen verdorben. Sie hatte schon die gesamte Woche über, eine miese Laune und Einstellung den Erwachsenen über. Am Montag ging es gegen die Host Mum und an den restlichen Tagen war sie irgendwie auf alles und jeden sauer und genervt. Ich habe versucht, es mitScherzen aufzulockern und ihr durch übertriebenes Nachahmen meinerseits zu zeigen, wie sie sich im Moment verhielt. Das hat auch mehr oder weniger funktioniert. Am Freitag aber ist sie schon schlechtgelaunt aufgewacht und hat zudem getrödelt, so dass Claire und ich auf sie warten mussten. Wenn ich beide Kinder absetzen muss, ist es zeitlich immer sehr knapp.
Beim Rausgehen hat sie dann nach ihrem Springseil gegriffen. Ich meinte, dass sie das doch lieber zu Hause lassen solle, da es am Ende vielleicht verloren oder kaputt gehen könnte. Da hat sie mich vielleicht angeschnauzt und sofort danach auf die Tränendrüse gedrückt. Da war es auch mit meiner Geduld zu Ende und ich habe sie angefahren, sich einfach nur zu beeilen. Mir war das Springseil dann so was von scheißegal. Im Auto habe ich die Musik erstmal laut aufgedreht, um wieder runter zu kommen. Da hat sie auch sofort Veto eingelegt, aber damit musste sie leben.
Das war das zweite Mal in meinen sieben Monaten hier, wo bei mir der Geduldsfaden gerissen ist.
Ich wundere und frage mich einfach nur, wie ein siebenjähriges Mädchen schon Verhaltensweisen von einem Teenager aufweisen kann? Wie ist es in dem Alter schon möglich eine gesamte Woche über, schlecht drauf zu sein? Ich habe in dem Alter noch von einem Tag zum anderen gelebt und jeder Morgen war wie ein Neustart für mich. Es tut mir einfach nur leid für sie, da sie sich somit den schönsten Teil ihrer Kindheit versaut.
Ob das wirklich an dem ständigen Wechsel ihrer Nannys liegt und der fehlenden Präsenz der Eltern? Ich weiß es nicht. Ich würde Ella aber sehr gerne einfach mal aus Neugier einem Kinderpsychologen vorstellen und hören, was er zu sagen hätte.
Gestern hingegen war richtig schön. Ich habe mich mit einem anderen deutschen Au pair getroffen und wir sind gemeisam ins Kino. Wir haben uns den neuen Film von Leonardo DiCaprio angeschaut „The Revernant“. Mir hat er absolut überhaupt nicht zugesagt. Die Handlungsstränge waren nicht wirklich ausgebaut und es gab auch einige unlogische Szenen. Später habe ich mit meinem Bruder über den Film diskutiert, der sehr angetan von ihm war. So verschieden sind die Menschen.
Nach dem Kino sind wir noch was Essen gegangen, sind durch die Mall geschlendert und haben noch einen Abstecher zu einem Cafe gemacht. Wir haben uns super verstanden und haben auch einiges gemeinsam. Zum Beispiel trinken wir beide keinen Kaffee und fahren beide einen Subaru.
Heute abend steht das Spiel aller Spiel an – der Super Bowl. Ich wurde aber wieder gefragt, ob ich babysitten kommen könnte und daher weiß ich noch nicht wie der Abend genau für mich aussehen wird. Momentan spielen erstmal die Caps wieder. Leider sind sie im Rückstand. Hoffentlich wird das noch was. Drückt ihnen die Daumen!