Matching Phase
Mir ist aufgefallen, dass ich euch noch gar nicht von den Familienvorschlägen berichtet habe, die ich gegen Ende meiner Matching Phase erhalten habe. Das waren einige und daher gehe ich mal davon aus, dass dieser Beitrag nicht einer der Kürzesten werden wird.
San Carlos
Ich war gerade mit dem Beitrag über die New York Family fertig geworden, als auch schon der nächste Vorschlag ins Emailfach geflattert kam.
Die Familie hatte zwei Kinder – ein Junge im Alter von 5 und ein Mädchen im Alter von 2. Die Mutter war Kinderpsychologin und der Vater war Italiener.
Im ersten Moment war ich mega happy – San Carlos liegt nämlich direkt neben San Francisco und damit rückte die Erfüllung meines Westküsten-Traums in greifbare Nähe. Es war nur etwas schwer, mit der Familie Kontakt aufzunehmen, da sich genau in diesem Zeitraum mein Emailfach dazu entschied, meine Emails nicht mehr zu senden. So musste ich meinen lieben Bruder Stephan ins Boot holen, der sozusagen als Emailvermittler diente.
Beim Skypen habe ich auch sofort die Kinder kennengelernt, die mir ganz aufgeregt ihre Lieblingsspielzeuge zeigten. Nach ein paar Minuten zogen sie sich aber zum Spielen zurück und ich konnte in aller Ruhe mit den Eltern sprechen. Ich fand sie ganz nett und wir haben über meine Arbeitszeiten und über die Gegend und so weiter und so fort geredet.
Ein oder zwei Tage später habe ich auch mit ihrem jetzigen Au pair geskypt. Bei diesem Gespräch habe ich mich aber eher wie in einem Verhör gefühlt. Das Au pair war nett – versteht mich bitte nicht falsch. Aber ich hatte richtig das Gefühl, dass sie mich auf Herz und Nieren prüfen wollte.
Danach habe ich lange Zeit nichts mehr von dieser Familie gehört.
Ich muss ehrlich zugeben – bei diesem Vorschlag war ich einfach von der Vorstellung, in der Nähe von San Francisco leben zu können, geblendet. Daher habe ich über so manche Sachen hinweg gesehen. Es war nie mein Plan gewesen, auf ein zweijähriges Kind aufzupassen, das zudem auch noch gestillt wurde.
Nach ein paar Tagen vielen mir die Scheuklappen aber von den Augen und ich erkannte, dass dies nicht die perfekte Familie für mich ist.
Ich hatte schon mit meiner zukünftigen Familie gematcht, als ich eine Email von der Mutter erhalten habe. In der Email teilten sie mir mit, dass sie sich gegen mich entschieden haben, da mein Anfangsdatum nicht passen würde. Ich habe noch nicht einmal gewusst, dass ich bei denen überhaupt noch im Rennen war.
New Jersey
Diesen Familienvorschlag habe ich in der Zeit erhalten, als mein Emailfach streikte. Mir viel erst viel zu spät auf, dass sie meine Antwortemail niemals erhalten haben.
Die Familie bestand aus Vater, Mutter und zwei Jungen im Alter von 5 und 3 Jahren. Sie lebten direkt gegenüber von New York City.
Wie gesagt, mit dieser Familie habe ich weder geskypt noch sonst irgendwie Kontakt gehabt. Ich wollte auch nie nach New Jersey. Das ist der Staat, über den alle anderen Amerikaner Witze machen – insbesondere die New Yorker.
Atlanta
Mit dieser Familie verhielt es sich etwas seltsam. Ich habe eine Email von der Mutter bekommen, ich solle sie doch bitte anrufen, wenn ich Zeit hätte. Ich rufe aber nicht einfach bei wildfremden Menschen an. Daher habe ich ihr erst einmal eine SMS geschickt – ja, die gibt es auch noch 🙂
Es kam die Antwort, dass sie momentan total beschäftigt sei, da irgendeine Kinderparty anstehen würde und sie würde sich noch einmal bei mir melden. Das hat sie nicht getan.
Sie hatten eine Tochter im Alter von 5 Jahren und Zwillinge im Alter von 3. Außerdem hatten sie noch einen Hund und im Brief stand, ich hätte sogar mein eigenes Apartment.
Allerdings befand sich die Familie momentan im Rematch. Das bedeutet, dass das momentane Au pair die Familie in zwei Wochen verlässt, aus welchen Gründen auch immer und sie demnach auch direkt ein Au pair in zwei Wochen brauchen würden. Ich bin aber erst im Juli verfügbar.
Stanford
Und da kam auch schon der nächste Vorschlag – wieder aus der San Francisco Area. Die Familie bestand aus Vater, Mutter und Zwillingsmädchen im Alter von 8 Jahren. Die Eltern waren beide Professoren an der Stanford University. Die Mutter unterrichtete deutsche Literatur und wollte daher, dass ich mit den Kindern Deutsch rede. Der Vater hingegen konnte nicht wirklich Deutsch.
Das Skypegespräch war interessant. Als Erstes saßen sie in ihrem Ehebett, um mit mir zu skypen. Das hatte ich vorher auch noch nicht. Später haben sie auch die Mädchen dazu gerufen, die gerade am backen waren. Dabei stellte sich heraus, dass eins der Mädchen es liebt, nackt durchs Haus zu laufen. Sie hatte also nur eine Decke um sich gewickelt, als sie mit mir gesprochen hat. Das fand ich etwas seltsam.
Sie kam aber kaum zum Reden, da ihre Zwillingsschwester wie ein Wasserfall redete.
Die Familie hat mir später per Email mitgeteilt, dass sie jemand anders gefunden haben, wo es besser mit dem Anfangsdatum hinhauen würde.
Connecticut
Die Familie bestand aus Vater, Mutter und zwei Töchtern im Alter von 15 und 9 Jahren. Mir wurde aber gesagt, dass der Vater nicht oft zu Hause sei, da er öfters für mehrere Woche beruflich verreisen müsste.
Die Familie hat mir eigentlich ziemlich gut gefallen. Sie haben mir erzählt, dass sie ländlich leben. Nach einem Jahr Stadtleben stellte ich es mir toll vor, mal wieder Natur um mich zu haben. Die ältere Tochter ging außerdem schon zur High School und daher hätte ich nicht sehr viel Arbeit mit ihr. Außerdem waren sie auch Kirchengänger. Das einzige was mich ein bisschen gestört hatte, war die Vorstellung jeden Abend Essen kochen zu müssen. Aber auch das habe ich mir zugetraut. Übrigens war der Vater Österreicher, wenn ich das richtig verstand habe und daher lernten die anderen alle Deutsch. Ich hätte mir also aussuchen können, ob ich Englisch oder Deutsch mit den Kindern rede.
Beim Skypegespräch mit der Mutter fragte sie mich, wo ich denn aus Deutschland herkommen würde? Ich antwortete, dass ich aus der Eifel kommen würde und dass das ungefähr bei Köln wäre. Auf einmal fing die Frau an zu weinen. Ich war total erstaunt und wusste nicht, warum sie weinte und was ich tun sollte. Sie erzählte mir, dass ihr Vater wohl aus der Gegend kommen würde und dass er vor ein paar Wochen gestorben sei. Ich konnte nicht viel mehr machen, als ihr mein Beileid auszusprechen.
Danach haben wir noch einige Emails geschrieben und ich habe auch mit ihrem jetzigen Au pair geskypt. Ich hatte danach angefragt, ob ich auch mal mit den Mädchen skypen könnte und die Mutter sicherte mir zu, dass wir das machen könnten.
Ein oder zwei Tage später habe ich aus heiterem Himmel die Nachricht bekommen, dass sie mich nicht als ihr Au pair haben wollen und dass sie eine andere Richtung einschlagen wollen – was immer das auch heißen soll.
Im ersten Moment war diese Email wie ein Schlag ins Gesicht. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet, da vorher alles gut verlief.
Nach einigem Nachdenken bin ich aber zu dem Entschluss gekommen, dass es so vielleicht am Besten sei. Es wäre bestimmt nicht leicht gewesen, mich in einem Haushalt einzufügen, wo der Vater meistens nie da ist und die Mutter noch um ihren toten Vater trauert.
Washington
Wir sind fast am Ende angekommen. Nur noch zwei Familien.
Die nächste Familie wohnte in Seattle im Staat Washington – also wieder eine Familie von der Westküste. Neben dem Vater und der Mutter bestand die Familie auch noch aus zwei Söhnen im Alter von 13 und 11 Jahren und einem Mädchen, das 8 Jahre alt war.
Mit dieser Familie habe ich am längsten geskypt. Ich glaube, es waren über anderthalb Stunden. Die Mutter ist echt lustig drauf. Aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie ein Au pair suchen, dass ihnen hilft, ihr Leben auf die Reihe zu bekommen. Und diesen Erwartungen wollte ich mich nicht stellen.
Außerdem konnte ich schon einen Widerspruch in den Emails und beim Skypen feststellen.
In ihren Emails war sie sehr ausführlich und hat mich ganz viel gefragt – z.B. wie ich mein Organisationstalent auf einer Skala von 1 bis 10 einschätzen würden und noch viel mehr. So lange Emails bekomme ich selten. Beim Skypen ist sie aber überhaupt nicht mehr darauf eingegangen. Stattdessen hat sie sehr oft wiederholt, dass ihre Küche sehr alt sei. Zudem hat sie sehr viel darüber geredet, was die Vorgänger – Au pairs so alles falsch gemacht haben und was ihr nicht an den Mädchen gefallen hat.
Ich wollte trotzdem noch einmal mit den Kindern skypen, aber bevor es dazu kommen konnte, habe ich schon mit der Familie aus Ashburn gematcht.
Als ich ihr das geschrieben habe, klang es in ihrer Antwort so, als ob ich mich nur für die andere Familie entschieden hätte, weil meine Dead Line kurz bevorstehen würde.
Connecticut
Der letzte Vorschlag kam am aller letzten Tag meiner Matching Phase in mein Emailfach getrudelt. Diese Familie hatte zwei Kinder. Ein Mädchen (ich kann mich leider nicht an ihr Alter erinnern) und ein Junge im Alter von 2. Zu der Familie gehörten außerdem noch zwei Hunde. Im Brief wurde erst ausführlich auf die Hunde eingegangen, bevor die Kinder überhaupt erwähnt wurden.
Die Eltern hatten auf jeden Fall irgendeinen hochrangigen Job und ich wäre nicht das einzige Au pair gewesen. Stattdessen suchte die Familie nach zwei Au pairs für die selbe Zeit. Eins würde dann morgens und das andere abends arbeiten.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber schon meine zukünftige Familie gefunden und habe daher freundlich abgelehnt.
Insgesamt habe ich zwölf Familienvorschläge bekommen. Davon waren gerade einmal drei Stück von der Westküste.
Diese Matching Phase war auf jeden Fall eine menge Stress für mich. Damit meine ich nicht nur das viele Emailschreiben und Skypen, sondern besonders das bange Warten und die Ungewissheit.
Ich bin mir aber sicher, dass es sich gelohnt hat und ihr werdet auch noch mehr über meine neue Gastfamilie erfahren – aber nicht mehr heute!