Rote Ampel!
Endlich, endlich, endlich, endlich, endlich ist diese Arbeitswoche vorbei. Sie hat sich einfach nur gezogen und gezogen und der Freitag wollte und wollte nicht kommen.
Wie schon gesagt, die Kinder hatten aufgrund des Schnees keine Schule. Ich bin davon ausgegangen, dass sie spätestens am Mittwoch wieder Schule haben würden, aber da haben mir die Amis einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Ella besucht eine öffentliche Schule, während Claire auf eine Privatschule geht. Daher kann Claires Schule unabhängige Entscheidungen von der Bezirksregierung treffen und hat ihre Pforten dankenswerter Weise schon am Mittwoch wieder geöffnet.
Ella hingegen hatte die gesamte Woche über keine Schule und ich musste all meine erlaubten Stunden arbeiten. Daher habe ich am Stück acht bis zehn Stunden pro Tag gearbeitet.
Ich muss allerdings zugeben, dass es einfacher ist, nur Ella zu Hause zu haben als Claire. Claire möchte nämlich durchgängig beschäftigt werden, während ich mich mit Ella einfach ins Wohnzimmer setzen konnte und wir haben beide auf unseren Kindles gelesen. Dadurch bin ich endlich mal bei meinem Buch weitergekommen.
Zum Mittagessen sind wir dann zu Whole Foods gegangen. Das ist ein Supermarkt, der sozusagen auch ein Büffet integriert hat. Auf der oberen Etage kann man sich mit seinem Essen hinsetzen und den anderen Leuten beim Einkaufen zuschauen. Ella war unauffällig still und wir haben eigentlich kaum geredet. Das ist sehr untypisch für sie. Normalerweise labert sie mir die Ohren ab mit ihren neuen Geschäftsideen und Zukunftsplänen.
Anschließend haben wir auch noch ein paar Sachen eingekauft und sind dann wieder nach Hause.
Um drei Uhr musste ich mich aufmachen, um Claire von der Schule abzuholen. Ella musste mitkommen. Früher wäre es kein Problem gewesen, wenn sie zu Hause geblieben wäre, da mein Gastvater ja von zu Hause aus arbeitet. Aber der ist die ganze Zeit im Büro und nachdem was Ella in der letzten Zeit alles angestellt hat, vertraue ich ihr nicht mehr in dieser Hinsicht und daher musste sie mitfahren.
Die Straßen waren zwar frei von Schnee, aber dafür hat sich an den Seiten der Schnee nur so gehäuft und manchmal waren dadurch immer noch Spuren unbefahrbar. Zudem hat die Sonne geschienen und so wurde man beim Fahren ziemlich geblendet.
Kurz vor Claires Schule muss ich einene kleinen steilen Berg hoch, wo zudem noch eine Ampel ist. Die Ampel zeigte rot, aber ich bin nicht bis zur Haltelinie vorgefahren, da meine Spur halb mit Schnee bedeckt war und ich den abbiegenden Autos nicht den Weg verstellen wollte. Die Ampel wollte und wollte aber nicht auf Grün umschalten. Ich bin ja nicht ganz so dumm und habe schon mit dem Gedanken gespielt, dass die Ampel einen Sensor hat. Ich bin allerdings auch manchmal ziemlich unentschlossen und war immer noch am überlegen, ob ich nicht doch vorfahren soll und mir damit den Zorn mancher Autofahrer zuziehen sollte, oder ob ich stehen bleiben sollte. Die Entscheidung wurde mir abgenommen, als der BMW hinter mir mich überholt hat und sich vor mich gestellt hat. Die Ampel wurde direkt grün. Das war ein bisschen peinlich, aber man lernt ja dazu. Immerhin bin ich auf die richtige Idee gekommen. Nur an der Umsetzung hat es gehapert.
An der nächsten Ampel bin ich bis zur Linie vorgefahren. Der Platz war zwar knapp aber ausreichend. Ein anderer großer Minivan hatte keine Probleme damit, in die Straße einzubiegen. Die Fahrerin hat mir sogar nett zugelächelt, dass hat mich nach der peinlichen Aktion an der anderen Ampel richtig aufgeheitert. Der Wagen von der anderen Richtung konnte sich aber nicht dazu entscheiden, in meine Straße einzubiegen, dabei war ihr Auto viel kleiner als der andere Minivan. Die Fahrerin hat mir zugewunken, ich solle doch fahren. Geniale Idee, wenn ich rot habe.
An den nächsten beiden Tagen war der Schnee an den Seiten zum Glück schon mehr weggeräumt.
Am Freitag konnte ich ein Playdate für Ella mit ihrer Freundin aus ihrer Klasse organisieren. Das hat mich so gut wie ohne Arbeit gelassen. Mein Host Dad könnte meinen, ich würde mich nicht mit den Kindern beschäftigen wollen.
Die Kinder haben schön zusammengespielt und ich habe drei Stunden lang mit einer Freundin geskypt. Ich hatte sie schon sehr lange nicht mehr gesprochen und habe es sehr genossen, mich mit ihr austauschen zu können.
Zudem hatte ich schon kurz um fünf Uhr schluss, da die Kinder zur KidsNight beim Eisrink eingeschrieben waren und mein Gastvater sie dort hingebracht hat.
Ich wollte euch übrigens noch etwas von letzter Woche erzählen. Das ist aufgrund des Sturmes im letzten Beitrag untergegangen. Letzte Woche Montag kam mein Host Dad und meinte, ob ich am Abend nicht etwas Zeit hätte, damit wir reden könnten. Als Au pair siehst du dich bei dieser Frage sofort die Koffer packen und im Flieger nach Hause. Egal wie gut die Beziehung vorher war. Eine Freundin meinte, ihr wäre das selbe passiert, dabei wollte ihre Gastmutter ihr nur erklären, wie die neue Waschmaschine funktioniert.
Bei mir handelte es sich um einen Halbjahresfazit. Wir hatten für das Gespräch eigentlich nur 15 Minuten eingeplant, aber am Ende haben wir über eine Stunde geredet.
Dabei haben wir unter anderem auch die Tischmanieren der Kinder angesprochen und ich durfte beruhigt feststellen, dass ich nicht die einzige bin, die findet, dass die Mädchen schlechte Tischmanieren aufweisen.
Ich durfte auch feststellen, dass meine Gasteltern auch ihr Vertrauen in Ella verloren haben, da es einfach zu viele Vorfälle gegeben hat, wo sie etwas hinter unserem Rücken getan hat.
Da meine Gastmutter findet, dass die Kinder immer ziemlich müde sind, haben wir uns darauf geeinigt, dass Claire am Dienstag und Donnerstag auch nach der Schule noch einen Mittagsschlaf – besser gesagt Nachmittagsschlaf – halten soll. Ella muss nur einen Mittagsschlaf am Donnerstag halten. Ich komme mit den Mädchen also um vier Uhr nach Hause, dann schlafen sie bis fünf Uhr und zwei Stunden später ist schon wieder ihre Bettgeh-Zeit. Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll.
Bei diesem Gespräch habe ich aber auch das Gefühl bekommen, dass meine Gasteltern selber keine Idee davon haben, wie sie die Probleme mit den Kindern angehen sollen oder lösen sollen. Daher bin ich mir sicher, dass sich zum Beispiel an den Tischmanieren nichts ändern wird und dass Ella immer etwas hinter unseren Rücken tun wird.
Wie sollen die Eltern auch etwas unternehmen können, wenn sie ihre Kinder nur vier Stunden am Tag sehen?
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich froh bin, dass ich mit diesen Kindern nicht mein Leben verbringen muss und die ganzen Probleme in einem halben Jahr hinter mir lassen kann. Vielleicht schafft es ja das nächste Au pair, eine Veränderung zu bewirken, auch wenn ich das stark bezweifle.
Übrigens glaube ich, dass mir meine Gastmutter abhanden gekommen ist 🙂 Seitdem sie den neuen Job hat, sehe ich sie eigentlich so gut wie überhaupt nicht mehr. Dabei war sie diese Woche noch nicht einmal auf Geschäftsreise, sondern hat nur „normal“ gearbeitet.