Schreien!!!

Schreien!!!

Und schon wieder ist eine Woche um. Die Zeit verfliegt richtig. Nur noch zwei Wochen im November bleiben übrig. In der letzten Novemberwoche werde ich mein erstes Thanksgiving feiern dürfen, und dann ist schon Dezember und mein Geburtstag, und dann ist schon Weihnachten, und dann ist schon Silvester, und dann kommt schon mein Bruder Daniel zu Besuch, und dann fliegt mein Bruder auch schon wieder nach Hause, und dann ist schon Frühling, und dann…und dann… und dann…

Die Amerikaner sind schon voll im Weihnachtsfieber. In der Mall wird bereits der Weihnachtsbaum aufgebaut, Victoria Secret hat die Weihnachtsbeleuchtung an, Werbung ist auch schon auf das Thema Weihnachten umgestellt worden und im Supermarkt kann man ganz viele Weihnachtssachen kaufen. Unteranderem befindet sich auch ein Schoko-Adventskalender im Sortiment. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so etwas zu kaufen gibt. Ella fragt mich jetzt fast jeden Tag, ob ich schon für ihren Adventskalender eingekauft hätte. Wenn ich dann ‚Nein‘ sage, kommt immer die Erwiederung: ‚Dann ist heute der perfekte Tag, um das zu machen. Du kannst einkaufen fahren, während wir in der Schule sind.‘ Ach ja, die Vorfreude. Ich muss aber wirklich mal mit dem Adventskalender für die Mädchen anfangen. Ansonsten wird das alles ein bisschen knapp.

Kennt ihr den Film ‚Inside Out‘? Es ist ein Zeichentrickfilm und es geht darum, was im Kopf von Menschen so abläuft. Im Film gibt es die Personen Freude, Traurigkeit, Ärger und Angst. Diese Personen sitzen sozusagen in einer Schaltzentrale im Gehirn und sind für die Emotionen und Erinnerungen zuständig. Ich habe schon einmal erwähnt, dass Claire wirklich glaubt, dass es so im menschlichen Gehirn aussieht. Letztens kan sie im Auto wieder auf das Thema zu sprechen. Der Dialog sah ungefähr so aus:

Claire: Ich weiß wie traurige Erinnerungen enstehen. Möchtest du das wissen?
Ich: Wie entstehen traurige Erinnerungen?
Claire: ‚Traurigkeit‘ muss die Erinnerungsbälle anfassen und dann werden sie blau. Blau bedeutet ‚traurig‘.
Ella: Claire, du kannst doch gar nicht wissen, ob der Film wahr ist. Nicht alle Filme sind wahr.
Claire: Doch, dieser Film ist wahr.
Ella: Das glaube ich weniger. Filme wie Titanic sind wahr, aber doch nicht dieser Film.

Ich musste so grinsen. Woher kennt ein siebenjähriges Kind schon den Film ‚Titanic‘? Geschrieben ist das Gespräch leider nicht so lustig. Ihr müsst euch noch Ellas besserwisserische Stimme und Claires Trotzton dazu vorstellen – dann wird ein Schuh draus!

Ich liebe es einfach, womit Kinder sich in ihren Gedanken beschäftigen. Im Auto habe ich immer einen christlichen Radiosender an. Es ist jetzt daher schon häufiger vorgekommen, dass Claire auf das Thema Kreuzigung und Auferstehung zu sprechen kommt. Dabei betont sie immer, dass Ostern ein fröhliches Fest ist. Es wird nur schwierig, wenn ich dann auf einmal in die Situation komme, ihr die Dreieinigkeit zu erklären 🙂

Am Donnerstag habe ich einen Lesemarathon hingelegt. Mein Ausleihfrist lief nämlich an diesem Tag ab und ich hatte immer noch dreihundert Seiten zu lesen. Was war ich froh, dass ich sechs Stunden zwischendurch frei hatte. Abends habe ich mir dann das nächste Buch von ‚Game of Thrones‘ ausgeliehen und diesmal auch das Hörbuch dazu. Ich hoffe, dadurch meine Aussprache verbessern zu können, wenn ich die Wörter richtig ausgesprochen höre.

Diese Woche habe ich ich es geschafft, Claire zum Weinen zu bringen. Ich bin halt mal aus der amerikanischen Erziehungslinie ausgebrochen. Es war Freitagabend und wir wollten zu BGR zum Dinner fahren. Noch im Haus hat Claire geschrien, weil … ich weiß gar nicht mehr, was der Grund war. Sie schreit einen aber sehr gerne mal an, wenn nicht alles so läuft, wie sie es sich vorstellt. Da bin ich noch ruhig geblieben und habe beide Mädchen darauf hingewiesen, dass ich keinen von beiden schreien oder weinen sehen möchte an diesem Abend. Sie haben auch brav mit den Kopf genickt und ihre Zustimmung gegeben. Dann ging es raus zum Auto. Kaum waren wir im Auto, da hat Claire mich schon wieder angeschrien, weil ihr Sitzgurt klemmte und sie ihn nicht frei bekam. Ich habe ihr dann gesagt, dass sie nicht schreien brauch, sondern es mir auch in einer ruhigen Stimme mitteilen könnte. Es ist schließlich nicht schön, wenn man angeschrien wird. Und einem plötzlichen Impuls folgend, habe ich den nächsten Satz dann auch mal geschriene und wupps – Claire war am Weinen. Ella fragte dann, warum sie denn weinen würde? Claires Antwort: ‚Das war so laut!‘ Ich wies sie dann darauf hin, dass es sich so auch für die Person anfühlt, die sie anschreit. Ich hoffe, dass hat sie jetzt endlich verstanden. Amerikaner würden ihr nur tausendmal sagen, dass sie es doch bitte, bitte sein lassen soll, zu schreien. Fruchtet irgendwie nicht, wie wir ja sehen können.

Meine Host Mum hat einen neuen Job. Ab Januar wird sie die Präsidentin von einer Firma sein und nicht mehr von Zuhause aus arbeiten. Das wird schön werden, wenn ich die Kinder nicht mehr in der Küche ruhighalten muss, weil ihr Büro eine Tür weiter ist. Ich bin gespannt, ob der neue Job bedeutet, dass sie noch mehr arbeiten wird oder nicht. Wenn das überhaupt möglich ist.

Gestern bestand meine College-Aufgabe darin, einen Film anzuschauen und meine Eindrücke niederzuschreiben. Wir hatten drei Filme zur Auswahl. Zwei konnte ich aber nicht im Internet finden und in der Bücherei waren sie momentan alle ausgeliehen. Daher blieb mir nur ‚Sleepy Hollow‘, der auf Netflix angeboten wurde. Es handelt sich dabei nicht um einen Film, den ich mir freiwillig angeschaut hätte. Es geht um einen kopflosen Reiter, der sein Unwesen in einem Dorf treibt. Der Film spielt siebzehnhundert-irgendwas. Ich weiß immer noch nicht, was ich von diesem Film halten soll. Was mich nur verstört, ist, dass ich die Geschicht schon kannte. Ich glaube, ich habe als Kind das Buch mal gelesen. Hier stellt sich einem dann die Frage, warum ich als Kind solch eine Geschichte gelesen habe. Sehr verstörend!

Am Freitag musste ich übrigens bis 11 Uhr arbeiten. Nach dem die Kinder im Bett waren, habe ich es mir im Sessel bequem gemacht und freute mich darauf, auf diesem riesigen Flachbildschirmfernseher ‚James Bond‘ zu schauen, als ich durch Facebook auf die Geschehnisse in Paris aufmerksam wurde. Danach war mir jede Freude am Film vergangen. Ich hoffe, ihr Verzeiht mir die Ehrlichkeit, aber ich finde es bescheuert, jetzt auf Facebook die Profilbilder zu ändern und zu schreiben ‚Heute bin ich ein Franzose‘. Sorry, dass hilft den Hinterbliebenen auch nicht. Was mir aufgefallen ist, Amerikaner schreiben in ihren Posts immer, dass für Frankreich gebetet werden muss und dass man selber auch dafür betet. Bei Posts von Deutschen fällt das raus.

2 Gedanken zu „Schreien!!!

  1. Hahaha ich hoffe doch mal das es bei der kleinen Claire gefruchtet hat 🙂
    Ich kann mir garnicht vorstellen wie sich bei dir das brüllen anhören sollte, das finde ich etwas verstörend ^^

    ps: Ja, wir verzeihen dir die Ehrlichkeit!!! :*

    lg Veronika

    1. Mein Brüllen kann ich dir gerne beim nächsten Skypen zeigen 🙂

      Bis jetzt hat sie mich nicht mehr angeschrien. Dafür stampft sie jetzt immer mit ihren Füßen auf, gestikuliert wild mit ihren Amen und rollt mit den Augen. Das muss ich auch noch irgendwie raus bekommen.

Kommentare sind geschlossen.

Kommentare sind geschlossen.