Wackelzahn
Es wird auf jeden Fall noch mindestens ein Beitrag über Florida kommen, aber heute muss ich euch erst einmal von dem verrückten gestrigen Tag erzählen.
Der Tag fing nämlich ziemlich unentspannt an. Ich glaube, ich hatte vier oder fünf Diskussionen mit Ella. Die erste Auseinandersetzung ging darüber, dass sie nicht genügend für ihr Lunch eingepackt hatte. Sie meinte aber, es würde ausreichen. Aber man kann doch nicht mit zwei Eiern und ein paar Baby-Karotten den Schulalltag überstehen.
Irgendwann wurde es mir zu bunt und ich habe meinen Gastvater gefragt, was er denn zu der ganzen Sache sagt. Er war zum Glück meiner Meinung und so musste Ella wohl oder übel noch ein Stück Pizza einpacken.
Beim Frühstücken ging es gleich weiter. Zuerst wollte Ella nur ein Toast ohne Alles essen. Als wir meinten, dass das auf jeden Fall nicht ausreichen würde, wollte sie zusätzlich noch Eier essen. Das Problem war nur, dass sie bereits zwei hartgekochte Eier in ihr Lunch gepackt hatte. Und damit war ihre „Eierration“ für diesen Tag schon abgedeckt. Nach langer Diskussion, dass sie ja angeblich nichts anderes mögen würde und blablabla, konnten wir sie schließlich doch noch dazu bringen, eine Schüssel Cornflakes zu essen.
Damit war das Drama an diesem Morgen aber noch nicht beendet. Ella hat als Outfit für den Tag ihren Lieblingsrock gewählt, den ich übrigens pott hässlich finde 🙂 Dieser Rock lag aber eigentlich schon für Tage in der Wäsche. Ich forderte sie also dazu auf, sich etwas anderes anzuziehen. Dagegen sträubte sie sich natürlich und ich habe die Diskussion irgendwann abgebrochen und mich wieder Claire zugewandt. Sie schmollte noch ein paar Momente, doch dann befolgte sie meine Anweisungen.
Ich war mit Claire bereits unten, als auch Ella wieder in die Küche kam – mit einer kurzen Sommerhose bekleidet! Und das bei 10 Grad Außentemperatur! Ihr könnt euch ja denken, was passiert ist. Das ganze Spielchen hat sich wiederholt und wir hätten eigentlich schon los gemüsst. Claire war schon fertig und stand mit Jacke bekleidet und ihrer Lunchbox in den Händen vor der Tür.
Ella brauchte gefühlte Ewigkeiten, um sich umzuziehen und kam am Ende mit einem Rock runter! Bei 10 Grad Außentemperatur! Das Spielchen ging also schon wieder von vorne los. Dabei wollte ich doch nur, dass sie sich noch eine Leggings unter den Rock anzieht.
Als Ella wieder nach oben ist, habe ich Claire schon mal raus zum Auto geschickt. Ihre Schwester hat wieder Ewigkeiten zum Umziehen gebraucht und kam mit so einer motzigen und unausstehlichen Einstellung runter, dass selbst ich mal die Stimme erhoben habe. Dann war aber Ruhe im Karton.
Ella hat den Bus zum Glück nicht verpasst, aber dafür kam Claire zu spät zur Schule. Das war aber nicht Ellas Schuld, sonder die der Ampel. An der letzten Ampel mussten wir nämlich extra lange warten. Daher musste ich an der Schule das Auto parken, Claire hineinbegleiten, sie im Sekretariat eintragen und sie anschließend zu ihrem Klassenraum begleiten.
Was für ein Morgen! Der konnte nur besser werden und das tat er zum Glück auch.
Ich hatte mich für um 10 Uhr mit meinem Nachfolge-Au-pair zum Skypen verabredet. Meine Gastfamilie hat nämlich schon gematcht. Das bedeutet, sie hat schon jemand Neues für Ende Juli gefunden.
Ich war so erleichtert, dass ich mich mit dem Mädchen gut verstehe und dass sie sehr nett rüberkommt. Ich könnte es schließlich nicht übers Herz bringen, „meine Mädchen“ jemanden anzuvertrauen, den ich nicht leiden kann.
Wir haben drei Stunden lang miteinander geredet. Zwischenzeitlich sind sogar unsere Laptop-Akkus leer gegangen, aber das hat uns nicht davon abgehalten, das Gespräch weiter zu führen.
Sie hat mir ganz viele Fragen gestellt und ich habe sie so gut es geht beantwortet und ihr einiges über das Au pair-Leben berichtet.
Den Rest meiner Off-Zeit habe ich mit Papierkram für meine Agentur verbracht. Ich musste meine Agentur sogar anrufen, da ich einmal nicht weitergekommen bin. Zum Glück habe ich eine klasse Agentur erwischt, die wirklich für uns Au pairs da ist und sofort hilft. AIFS ist also nur zu empfehlen!
Später hatte ich beide Kinder im Auto und war auf dem Weg nach Hause, als Claire auf einmal meinte, dass ihr Zahn weh tun würde. Ich fragte nach, ob er nur weh tun würde oder ob er auch wackeln würde?Was war die Kleine begeistert, als sie feststellte, dass ihr Zahn tatsächlich wackelte. Das war die Sensation des Tages – die Entdeckung ihres ersten Wackelzahns.
Zu Hause meinte sie aber, sie hätte Angst, dass ihr Papa den Zahn jetzt ziehen würde. Das hätte er wohl bei einem Zahn von Ella gemacht 🙂
Claire wollte sich gerade fertig zum Hockey Training machen, als sie so nett war, mir zu helfen, die Pakete vor der Tür reinzubringen. Der Paketbote klingelt hier in den USA nämlich nicht, sondern stellt die Pakete einfach vor der Tür ab. Zudem haben Amis immer noch eine weitere Tür an der Vordertür – wie so eine Schutztür. Das kennt ihr bestimmt aus Filmen. Die hat Claire für mich auf gehalten, da es eine Schwingtür ist.
Beim Zumachen war aber irgendwie ihr Finger noch dazwischen und so hat sie sich diesen eingeklemmt. Meine Kleine hat geweint wie ein Schlosshund. Das tut aber auch weh! Erstmal hieß es, den Finger unter kühlendes Wasser zu halten. Das wollte sie aber nicht, da es ihr noch mehr weh tat. Ich durfte also einer weinenden und schluchzenden Claire erklären, dass es nur im ersten Moment so sei und dass es sogar helfen würde. Als sie das endlich verstanden hat, konnte ich mich darauf konzentrieren, einen Eisbeutel fertig zu machen.
Natürlich passieren solche Zwischnefälle immer genau dann, wenn man Zeitdruck hat und das Haus eigentlich verlassen muss.
Wir sind aber trotzdem noch rechtzeitig am Eis-Rink angekommen und die Ablenkung hat Claire gut getan. Den Aua-Finger kann man beim Schlittschuhlaufen eben leicht vergessen.
Das Abendessen war gestern auch richtig lecker und die Stimmung angenehm. Ich habe mich mit meinen Gasteltern übers neue Au pair und über meinen Eindruck unterhalten und die Kinder haben wie immer dazwischen gequatscht.
Nach diesem aufregenden Tag war ich froh, als ich runter in mein Apartment gehen konnte. Die Aufregung für diesen Tag war aber noch nicht vorbei. Beim Eintreten sah ich nämlich eine Maus davon flitzen. Im ersten Moment habe ich mich total erschrocken und ich bin auch sofort meinen Gasteltern Bescheid sagen gegangen. Sie meinten, sie würden eine Mausefalle besorgen.
Ich bin wieder runter, um meine Wäsche aufzuhängen, als ich die Maus schon wieder sah. Diesmal habe ich ein Foto gemacht und sie dann verscheucht. Bald darauf saß sie aber wieder an der selben Stelle und ich habe sie erneut verscheucht. Nur um mich kurze Zeit später umzudrehen und sie wieder dort sitzen zu sehen.
Da dachte ich mir, wenn sie ja immer raus kommt, dann kann ich sie auch einfangen. Gesagt, getan. Gleich beim ersten Versuch ist es mir gelungen, eine Tupper über sie zu stulpen.
Ich saß also da mit dieser kleinen Maus unter der Tupper und ich wusste nichts mit ihr anzufangen. Irgendwann kam mir die Idee, sie mit Hilfe eines Ordners in einen Schuhkarton umzufrachten. Das ging glücklicherweise gut und so machte ich mich auf den Weg zum Spielplatz – mit dem Karton in meinen Händen. Die mir entgegenkommenden Passanten hatten natürlich keine Ahnugn davon, was ich transportierte.
In den Büschen auf dem Spielplatz habe ich die kleine Maus schließlich wieder freigelassen. Ich bin nur froh, dass ich nicht dazu gezwungen wurde, dieses Mäuschen durch eine Falle zu töten.
Das Beste an dem ganzen Tag war der Gesichtsausdruck meines Gastvaters, als ich ihm erzählte, dass ich die Maus eingefangen hätte. Unbezahlbar! 🙂