Gipfelstürmer

Gipfelstürmer

Mir ist leider erst jetzt aufgefallen, dass aus einem mir unbekannten Grund die Kommentarfunktion unter meinen Beiträgen deaktiviert ist. Ich hatte mich schon die ganze Zeit gewundert, dass einfach gar keine Kommentare kommen. Ich habe versucht, das Problem zu beheben, aber leider habe ich es nicht geschafft. Aber ich arbeite daran und hoffe, dass das Problem bald gelöst ist und ihr dann alle fleißig eure Kommentare schreiben könnt.

Ich bin mittlerweile übrigens schon seit über zwei Wochen in Südkorea. Die Zeit kommt mir viel länger vor, da ich einfach schon so viel erlebt und unternommen habe. Und jeden Tag lerne ich etwas Neues dazu. Ich habe übrigens das Gefühl, dass ich hier in Korea viel müder bin als zu Hause. Ich glaube, das liegt daran, dass mein Gehirn hier viel härter arbeiten muss als zu Haus, um die ganzen Spracheindrücke zu verarbeiten. Aber ich finde, dass ich mittlerweile schon schneller Koreanisch lesen kann und auch mein Hörverstehen hat sich bereits um einiges verbessert. Es fällt mir leichter, die mir bekannten Wörter aus einem Gespräch herauszuhören und verstehe auch schon viel besser an mich gestellt Fragen. Nur beim Sprechen bin ich noch sehr zögerlich. Aber das wird sich mit der Zeit auch noch entwickeln. Da bin ich mir sicher.

Kommen wir zu dem, was ich letzte Woche noch so erlebt habe. Als am Montag klar war, dass wir doch noch keinen Sprachunterricht bis Donnerstag haben würden, haben Tom und ich den Plan gefasst, auf einen nahegelegenen Berg zu wandern – auf den Apsan. San ist das koreanische Wort für „Berg“. Die Gefahr, dass wir uns beim Wandern verlaufen könnten, minimiert sich drastisch, als wir morgens per Email die Nachricht von unserem SIM-Karten-Anbieter erhielten, dass unsere SIM-Karten in den nächsten Stunden freigeschaltet werden würden. Wir haben uns also nicht sofort auf den Weg in die Natur gemacht, sondern sind erst einmal zum „Bäcker“ gegangen, um uns zum Frühstück eine Zimtrolle zu genehmigen und um auf die Freischaltung zu warten. Auf dem Weg zurück zum Hostel haben wir noch beim Convenience Store gehalten, um uns mit Snacks für die Wanderung einzudecken. Wieder zurück im Hostel haben wir die Nachricht erhalten, dass die SIM-Karten endlich freigeschaltet seien. Daher hieß es erst einmal, unsere Handys auf die koreanischen SIM-Karten umzurüsten. Was für ein Gefühl – endlich wieder mobile Daten.

Als wir mit unseren Handys fertigen waren, ging es zur Bushaltestelle und dann mit dem Linienbus zum Berg, der direkt an der Stadtgrenze lag und daher schnell und unkompliziert erreichbar war. Daegu ist übrigens eingekesselt von Bergen. Wenn man Glück hat, kann man in der Stadt durch die Hochhäuser hindurch einen Blick auf die Berge erhaschen. Das macht Daegu für mich als Dorfkind doch noch ganz erträglich. Die Busfahrt war etwas rasant, aber das kriegen deutsche Busfahrer ja durchaus auch hin.

Ab der Bushaltestelle, bei der wir ausgestiegen sind, ging es eigentlich direkt berghoch. Der Weg war noch gepflastert und schon nach ein paar Metern konnte wir zu einem buddhistischen Tempel abbiegen. Es war kein großer Tempel, aber ich war erstaunt, dass ich, als ich in den Innenhof getreten bin, sofort eine Veränderung in der Atmosphäre wahrgenommen habe. Es war mit einem Schlag super ruhig und friedlich und das obwohl der Tempel und der Innenhof sehr offen gebaut waren und nicht irgendwie speziell abgeschirmt waren. In den Bergen findet man übrigens viele Tempel, da es dort ruhig und zurückgezogen ist.

Danach war aber sehr schnell nichts mehr mit Ruhe. Der Anstieg hatte es nämlich wirklich in sich und ich bin sehr schnell ins Schnaufen geraten. Ich dachte ja eigentlich immer, ich hätte eine gute Kondition, was das Wandern betrifft. Aber der Apsan hat mich eines Besseren belehrt. Es war so unheimlich steil und dabei ging es auch noch über Stock und Stein. Zeitweise musste ich mich tatsächlich an Wurzeln und Steine festhalten, um über weiter zu kommen. Am Anfang war es noch gepflastert, aber so steil, dass ich danach eigentlich schon fertig war. Zudem stellte sich heraus, dass eine Zimtrolle nicht gerade als Frühstück ausreichte, um diese Anstrengung zu überstehen. Auf jeden Fall ist mein Kreislauf sehr schnell in den Keller gewandert und dort ist er auch geblieben, bis wir oben angekommen waren. Nach dem wir den sehr steilen gepflasterten Pfad hinter uns gebracht hatten, brauchte ich bereits die erste Pause. Ein Cornflakes-Riegel hat zum Glück verhindert, dass sich mein Kreislauf komplett verabschiedet hat. Danach ging es auf Pfaden weiter.

Es war wirklich super anstrengend, aber es war so schön, mal wieder in der Natur zu sein. Sehr interessant waren aber auch die Koreaner, die uns auf dem Weg begegnet sind. Dabei ist uns einiges aufgefallen. Zum einen, dass nicht sehr viele einen Rucksack bei sich hatten. Für die meisten Koreaner reicht wohl eine Wasserflasche, die sie in der Hand mit sich rumschleppen. Wir Deutschen sind ja eher so eingestellt, dass wir für alle Eventualitäten gerüstet sein möchten und daher lieber zu viel als zu wenig mitschleppen.

Zudem sind uns sehr viele ältere Koreaner begegnet und Tom und ich waren richtig erstaunt, wie fit die ältere Bevölkerung von Korea ist. Unsere Rentner in Deutschland machen nicht so einen fitten und gesunden Eindruck. Wir haben bis jetzt auch noch keinen einzigen Rollator hier in Korea gesehen und selbst Gehstöcke sieht man eher selten an den älteren Leuten. Eine alte koreanische Dame, die bereits wieder auf dem Weg runter war, hat mich beim Vorbeigehen so knuffig und warmherzig angelächelt, dass es mir den Tag richtiggehend versüßt hat und mir neuen Aufschwung für den Aufstieg gegeben hat.

An Fußbekleidung haben wir auch so ziemlich alles gesehen – von Wanderschuhen über Sneaker hin zu Badelatschen und sogar barfuß. Sogar Anzugsschuhe waren mit von der Partie. Hierzu muss ich aber sagen, dass die in Anzug gekleideten Herren mit der Seilbahn hochgefahren sind und nur die letzten paar Meter zum Gipfel zurückgelegt haben. Am meisten haben uns die Badelatschen erstaunt. Ich wundere mich heute noch, wie die Frau unfallfrei den Berg hoch und wieder runter gekommen ist.

Es gab übrigens auch Jogger oder Ausdauersportler, die an uns vorbeigelaufen sind. Einer hatte glaube ich sogar noch eine Weste mit extra Gewichten dran an. Warum die Leute sich freiwillig so sehr quälen, ist mir ein Rätsel.

Zwischendrin gab es auch noch ein paar Dinge zu sehen wie zum Beispiel einen kleinen Wasserfall oder einen riesigen Haufen an kleinen Steinen, der insgesamt 23 Meter hoch war und einen Umfang von 75 Meter aufwies. Dieser Stein-„Turm“ wurde errichtet, um den Wunsch zur Wiedervereinigung ausdrücken und ist wahrscheinlich einer der größten dieser Türme in ganz Korea. Warum dazu ein Stein-„Turm“ errichtet wird und warum genau an der Stelle, weiß ich leider nicht.

Wir kamen zudem noch an einer kleinen Höhle vorbei, in der sich einmal ein General versteckt haben soll. Seine Feinde, die ihn verfolgt hatten, konnten ihn nicht aufspüren, da in der Zwischenzeit eine Spinne ein Netz über den Eingang der Höhle gespannt hatte. Die Spinne hat dem General dadurch das Leben gerettet. Ich war zu dem Zeitpunkt zu erschöpft, um ein Foto zu machen. Ich habe mich allerdings gefragt, ob der Autor von der „Die drei Fragezeichen“-Folge „Die silberne Spinne“ auch schon einmal auf den Apsan geklettert ist? In der Folge kommt nämlich eine sehr ähnliche Geschichte vor.

Irgendwann haben wir ein Schild erreicht mit der Information, dass es noch 380 Meter zum Gipfel sei. Das Schild hat mir Mut gemacht, da ich doch schon ziemlich fertig war. „380 Meter? Das schaff ich doch locker noch!“, habe ich mir gedacht und gelernt, dass 380 Meter doch noch seeeeehr lang sein können. Oder das Schild hat „Fake News“ verbreitet. Auf jeden Fall wollte der Weg kein Ende nehmen.

Aber irgendwann haben wir es dann doch geschafft. Endlich auf dem Gipfel angekommen. Und was soll ich sagen – die Kletterei hat sich gelohnt. Die Aussicht war der Hammer. Auf der einen Seite hat sich ganz Daegu vor uns ausgebreitet und auf der anderen Seite konnte man bis zum Horizont grüne Hügelketten erkennen. Nach einer Verschnaufpause war ich dann auch in der Lage, Fotos von der Aussicht zu machen.

Wir kamen oben auf dem Gipfel auch mit einem Koreaner ins Gespräch, nachdem er Tom angeboten hatte, ein Foto von ihm zu machen. Er fragte was wir in Daegu so machen und wie lange wir in Korea bleiben wollen und erzählte uns, dass er auch schon einmal dienstlich in Deutschland war. Auf meine Frage hin, ob er uns gute Restaurants in Daegu empfehlen könnte, bot er an, dass wir Nummern austauschen könnten. Er würde uns dann Empfehlungen schicken. Tom und er tauschten also Nummern aus und wir verabschiedeten uns. Das Gespräch hat halb auf Englisch und halb auf Koreanisch stattgefunden, wobei ich mich mit meinen minimalen Sprachkenntnissen im Koreanischen natürlich an Englisch gehalten habe.

Der Abstieg war im Gegensatz zum Aufstieg gar nicht mehr so schlimm. Vor allem weil wir uns beim Restaurant von der Seilbahnstation noch super leckeres Essen gegönnt haben, dass wir genüsslich bei einer herrlichen Aussicht verspeisen konnten. Die Portion war riesig, aber obwohl ich am Ende etwas stopfen musste, habe ich mich danach nicht träge und müde gefühlt. Im Gegenteil, ich hatte wieder richtig Energie und mein Kreislauf hat auch mal wieder aus dem Keller hervor geguckt. Beim Abstieg kamen wir noch an einer Aussichtsplattform vorbei, auf der eine riesige Kaninchen-Statue stand. Der Anblick hat mich als begeisterte Kaninchenhalterin sehr glücklich gemacht. Ich vermisse meine beiden Langohren.

Auf dem Rückweg sind uns dann doch ein paar Koreaner entgegen gekommen, die beim Aufstieg genauso fertig aussahen wie ich am Anfang. Fast unten angekommen, haben wir dann tatsächlich noch einen Radfahrer gesehen, der fix und fertig an einer Laterne lehnte. Ich weiß ja nicht, warum er diesen Berg mit einem Fahrrad herauffahren wollte. Vielleicht hat er ja eine Wette verloren. Er ist auf jeden Fall nicht weit gekommen.

Es war einfach ein super Tag und wir haben die Wanderung sehr genossen, auch wenn es super anstrengend war. Zum Glück war es an dem Tag bedeckt und nicht ganz so warm. Zudem war es windig. So sehr, dass ich froh war, meine leichte Outdoor-Jacke eingepackt gehabt zu haben.

Auf dem Weg nach Hause erreichte uns eine Text-Nachricht von dem Mann, den wir auf dem Gipfel getroffen hatten. Er bot uns eine Tour durch Daegu an, falls wir Lust darauf hätten, die Stadt einmal mit einem Einheimischen zu erkunden.

Was daraus geworden ist, erfahrt ihr dann im nächsten Beitrag.

10 Gedanken zu „Gipfelstürmer

  1. Schau mal, die Kommentarfunktion geht.

    Es klingt trotz aller Strapazen nach einem echt guten Tag. Respekt für den Marsch. Ich schätze, ich hätte die Seilbahn eindeutig bevorzugt. Aber Hauptsache ist ja, dass du Spaß hattest. Das nächste Mal isst der nur etwas mehr zu Frühstück, bitte.

    Bin Schon gespannt auf deine weiteren Berichte.

    1. Oh ja, nächstes Mal werde ich definitiv mehr essen zum Frühstück. Zum Glück war es kein super heißer Tag gewesen, ansonsten hätte mich wahrscheinlich die koreanische Bergwacht vom Berg holen müssen.

  2. Einen wunderschönen guten Morgen aus dem sonnigen Deutschland,
    bin immer wieder erstaunt, wie gut du dich in einem fremden Land zurecht findest und tolle Dinge erlebst.
    Alles Liebe, viel Bewahrung und Segen.
    Mama

    1. Zum Zurechtfinden hilft es sehr, dass ich die Sprache lesen kann. Ansonsten wäre es wahrscheinlich schwieriger.

  3. Wir senden dir ganz liebe Grüße aus RE. Hört sich toll an, was du alles erlebst in Südkorea. Bleib weiterhin behütet und pass gut auf dich auf.

    1. Ich versuche auf mich aufzupassen. Bis jetzt sind nur die zwei Jungs, die mit mir hier für Work and Travel sind, in seltsame Situationen geraten.

    1. Ein Foto zu machen, war immer eine gute Entschuldigung, um eine kleine Verschnaufpause einzulegen 🙂

  4. Sehnsüchtig warte ich auf den nächsten Bericht von dir. Es fühlt sich an als wäre man selber da.
    Vielen Dank für den ausführlichen Bericht.
    Wünsche dir weiterhin Bewahrung und eine schöne, ereignisreiche Zeit
    Lena

    1. Ich wünschte, ich würde häufiger zum Schreiben kommen, damit ihr mehr von meinen Erlebnissen lesen könnt.

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