Sommer

Sommer

Ich hatte gestern einen der schönsten Momente in meinem Au-pair-Sein. Und dieser Moment hatte nichts mit Reisen, coolen Aktivitäten oder Besuch aus der Heimat zu tun. Es war eine einfache Umarmung von Ella. Für einige von euch klingt das jetzt vielleicht banal, aber für mich bedeutete es so unglaublich viel.
Ihr wisst ja alle, dass es nicht immer einfach mit Ella ist und das ich manchmal verzweifeln könnte. Ella ist etwas verschlossener im Vergleich zu Claire und sagt nicht oft „Ich hab dich lieb“ oder gibt einem eine Umarmung. Das verleiht der gestrigen Umarmung noch mehr Gewicht.
Gestern hat meine Große nämlich erfahren, ob sie bei der Talent-Show in ihrer Schule dabei ist oder nicht. Am Mittwoch waren die Try-Outs und gestern wurde die Liste der Teilnehmer schließlich ausgehangen.
Ich glaube, Ella hatte wirklich ein bisschen Bammel, sie könnte es nicht geschafft haben.
Aber als sie aus dem Bus gestiegen ist, konnte sie ihr breites Grinsen schon kaum unterdrückt und sie teilte mir voller Freude mit, dass sie dabei sei. Ihr könnt euch ja denken, dass daraufhin die Umarmung folgte. Sie hat mich richtig gedrückt und viel länger ausgeharrt als sonst, so groß war ihre Freude.
Ich habe mich natürlich auch riesig gefreut. Aber gleichzeitig blitzte der Gedanke in meinem Kopf auf, dass eigentlich die Eltern diesen Moment mit ihr teilen sollten und nicht irgendein Au pair, das nach einem Jahr sowieso nicht mehr da ist.

Allgemein war diese Woche der absolute Hammer. Das Wetter hat sich nämlich entschieden, den Frühling zu überspringen. Auf jeden Fall für die letzten Tage. Letzte Woche hat es noch geschneit und diese Woche hatten wir bis zu 27 Grad Celcius.
Am Anfang der Woche hatten wir nur 23 Grad, aber am Mittwoch und Donnerstag war es Sommer pur. Und ich hatte vergessen, wie schwül es hier werden kann.
Am Mittwoch war ich noch im Dunklen auf dem Spielplatz, um zu schaukeln und es war wie in einer Sommernacht. Ich brauchte keine Jacke und manchmal kamen mir richtig warme Luftstöße entgegen wie von einer Lüftung. Es war einfach nur genial. Natürlich habe ich mir auch sofort einen leichten Sonnenbrand geholt. Dabei saß ich nur zwei Minuten in der Sonne, um meine Birne zu essen.
Die Wettervorhersage zeigt fast das gleiche Wetter für nächste Woche an.
Ein Nachteil hat das Ganze – ich bin noch nicht dazu gekommen, genügend Sommerklamotten zu shoppen. Mein Kleiderschrank ist mit Winter- und Herbstsachen vollgestopft, aber vernünftige Sommersachen findet man in ihm nur schwer.

Dank des genialen Wetters war es auch nicht so schlimm, dass Claire krank war/ist. Es fing am Sonntag an und am Montag und Dienstag musste die kleine Maus mit Fieber zu Hause bleiben. Das hat man ihr aber kaum angemerkt. Sie hat normal gespielt und musste sich halt zwischendurch immer nur die Nase putzen, da sie zusätzlich zum Fieber auch noch eine laufende Nase und vor allem einen schlimmen Husten hatte.
Ich musste ihr mittags Ibuprofen für Kinder geben. Das war die einzige Medizin, die sie bekommen hat. Meine Mutter hätte mir Hustensaft gegeben, mich Dampfbäder nehmen lassen und wenn es gar nicht besser geworden wäre, hätte sie mir Wickel gemacht. Davon war hier nichts zu sehen. Ich war/bin ehrlich etwas geschockt darüber. Es wird gar nichts gegen den Husten unternommen. Wichtig ist nur, dass das Fieber weg geht, damit die Kleine zur Schule gehen kann. Meine Mama hätte mich die gesamte Woche zu Hause gelassen. Claire ist am Mittwoch wieder in die Schule gegangen – immer noch hustend und schniefend.
Der Husten klingt richtig schrecklich und verschleimt. Am Dienstag wurde sie von einem heftigen Hustenanfall aus ihrem Mittagsschlaf gerissen. Mir hat es fast das Herz zerrissen, die kleine Maus so zu sehen, ohne ihr irgendwie helfen zu können.

Gestern kam sie aus der Schule und ich habe schon an ihrem Gesicht gesehen, dass es ihr wieder schlechter geht. Ihr Gesicht war total grau und die Wangen gerötet. So als ob sich die Augenringe auf ihr gesamtes Gesicht ausgebreitet hätten.
Da es sowieso Donnerstag war und daher beide Mädchen einen Mittagsschlaf halten mussten, ging es sofort ins Bett. Kurz nach fünf wollte ich sie aus ihrem Mittagsschlaf „entlassen“. Normalerweise hebt Claire sofort den Kopf, wenn ich die Tür öffne. Gestern war sie aber noch im Tiefschlaf versunken. Ich habe sie natürlich nicht aufgeweckt und bin stattdessen weiter zu Ellas Zimmer. Ich war richtig erstaunt, als ich auch Ella noch im Tiefschlaf vorgefunden habe. Normalerweise schlafen die Mädchen nämlich nicht richtig, sondern tun nur so. Ich habe Ella noch weitere zehn Minuten gegönnt, aber dann musste ich sie aufwecken, da sie noch Hausaufgaben erledigen musste, Das Aufwecken war gar nicht so einfach und ich habe bestimmt mehr als fünf Minuten gebraucht, um sie aus den Bett zu kriegen.

Meine Gasteltern kam früher als gedacht nach Hause, Ich wusste gar nicht, dass sie bei einem Basketballspiel waren. Ich dachte, sie wären am arbeiten. Claire war immernoch am schlafen und wir haben sie auch schlafen gelassen. Ich durfte etwas früher in den Feierabend gehen und habe daher weniger als vier Stunden an diesem Tag gearbeitet.

Ich hatte diese Woche übrigens eine interessante Begegnung. Ich war mal wieder auf dem Spielplatz am Schaukel, als auf einmal ein Typ auf mich zu kam, der vorher auf dem Basketballpaltz am spielen war. Er hat mich direkt auf Deutsch angeredet und meinte, eine der Mütter hätte ihm erzählt, dass ich ein Au pair aus Deutschland sei. Wir kamen ein bisschen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er hier für zwei Wochen Urlaub ist und ich erklärte ihm, wo er noch weitere Sportplätze in der Gegend finden kann. Das ist übrigens nicht schwer hier in den USA. An jedem Spielplatz sind meistens noch Tennisplätze und Basketballplätze angegliedert. Ein Spielplatz hat sogar ein Baseballplatz.
Was mich an der Situation am meisten erstaunt hat, war, dass die Mutter wusste, dass ich ein Au pair aus Deutschland bin. Natürlich sieht man sich häufiger auf dem Spielplatz, aber ich habe noch nie mit dieser Frau geredet und ich schreie auch nie über den Spielplatz, so dass sie meinen deutschen Akzent hätte erkennen können. Anscheinend gibt es wohl so etwas wie Spielplatz-Tratsch 🙂

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