Anders als geplant

Anders als geplant

Diesen Beitrag hatte ich eigentlich für letzten Montag geplant gehabt. Aber spontan hat sich meine gesamte Tagesplanung für den Montag geändert. Aber was wäre ein Auslandsjahr ohne ein bisschen Spontanität. Ich war morgens mit einem Freund zum Brunchen verabredet. Er ist Norweger und geht ebenfalls in meine Kirche. Zusammen sind wir die einzigen Ausländer in der Gemeinde. Wir haben uns in einem Restaurant getroffen, in dem ein Mädchen aus der Kirche arbeitet. Wir hatten uns vorher nicht angekündigt und die Überraschung ist uns geglückt. Sie hat sich sehr gefreut uns zu sehen und die Getränke gingen daher für uns aufs Haus. Das Essen war richtig lecker und ich habe es sehr genossen, mal wieder westliches Essen zu mir zu nehmen. Es gab ein mit Schinken und Käse belegtes Croissant, dazu noch einen Salat und Kartoffel Wedges.

Danach wollte ich dann eigentlich in ein Café gehen, den Beitrag schreiben und ein bisschen Koreanisch lernen. Allerdings waren der Norweger und ich abends mit ein paar Leuten aus der Kirche zum Essen verabredet und die Koreaner wollten gerne in ein Restaurant in der Nähe der Kirche mit uns gehen. Daher entschied der Norweger, seinen Sprachkurs an dem Tag ausfallen zu lassen, da er es ansonsten zeitlich nicht mehr rechtzeitig zurückgeschafft hätte. Die Kirche – und auch meine Wohnung – befinden sich nämlich im Süden von Daegu, während seine Schule und seine Wohnung im Norden von Daegu sind. Der Weg dauert mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Stunde.

Wir haben demnach entschieden, den Tag zusammen zu verbringen. Als ersten Programmpunkt hatten wir uns einen Besuch auf dem Amt ausgesucht 🙂 Ich war nämlich dazu verpflichtet innerhalb von zwei Wochen nach meinem Umzug, meine neue Adresse auf meiner ARC vermerken zu lassen. Ihr erinnert euch – die ARC (Alien Registration Card) ist sozusagen der Perso für Ausländer in Korea. Das Bürgerhaus ist noch nicht einmal fünf Minuten zu Fuß von meiner Wohnung entfernt. Ich konnte also einen schnellen Abstecher nach Hause machen und meinen Mietvertrag und meinen Reisepass holen. Am Bürgerhaus angekommen, mussten wir erst einmal schauen, wie es dort so abläuft und wo ich eine Nummer ziehen kann. Das Gerät dazu haben wir schnell entdeckt – es stand uns direkt gegenüber – und kaum hielt ich meine Nummer in den Händen, wurde sie bereits aufgerufen. Es hat wohl einen Vorteil, eher am Rand von Daegu zu wohnen, wo nicht so viel los ist wie in der Innenstadt. Am Schalter angekommen, war meine erste Frage, ob der Beamte Englisch sprechen könnte. Er meinte ja, hat dann aber nicht sofort verstanden, warum ich da war. Erst als der Norweger auf Koreanisch „Neue Adresse“ gesagt hatte, wusste der Beamte, was zu tun war. Danach sind wir tatsächlich ohne Reden ausgekommen. Ich habe ihm meine ARC und meinen Mietvertag gegeben und er hat mir ein Formular gegeben, auf dem er mit Textmarker markiert hatte, welche Felder ich auszufüllen hatte. Das Formular war zum Glück sowohl auf Koreanisch als auch auf Englisch. Daher hatte ich damit keine Probleme. Am Ende hat er meine neue Adresse per Hand hinten auf meine ARC geschrieben und das war es. Ich glaube, wir haben noch nicht einmal eine viertel Stunde im Bürgerhaus verbracht. Eigentlich schade, da der Raum sehr gut klimatisiert war, während draußen eine sehr drückende Hitze vorherrschte.

Die Hitze hat uns allerdings nicht davon abgehalten, zu Fuß zu einer Karaoke-Bar zu laufen. Wie kann man sich schließlich besser die Zeit vertreiben, als ein Lied nach dem andern schiefsingend zum Besten zu geben 🙂 Karaoke-Bars sind in Korea weit verbreitet und werden hier als Noraebang bezeichnet. Norae heißt „Lied“ und Bang bedeutet „Raum“. Wir waren in einem Coin-Noraebang – also einem Münz-Noraebang. Dort kann man für unter fünf Euro für eine Stunde in einem kleinen Raum so viele Lieder singen wie man möchte. Wir haben dort insgesamt, glaube ich, anderthalb Stunden zugebracht und überwiegend englische Lieder zusammen gesungen. Ich habe aber tatsächlich auch ein deutsches Lied gefunden – nämlich Jeanny von Falco. Der Text war zwar nicht fehlerfrei dargestellt, aber es war trotzdem sehr witzig. Das Gute an dem Raum war, wie schon beim Bürgerhaus, dass er gut klimatisiert war.

Danach war leider nichts mehr mit guter Klimatisierung. Es ging nämlich zu einem Park, der zu Fuß gerade einmal 20 Minuten von meinem Haus entfernt liegt. Als gute Europäer sind wir natürlich dort hin gelaufen und haben nicht etwa ein Taxi oder so genommen. Zum Glück gab es viel Schatten auf dem Weg dorthin. Und es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Der Park ist ab jetzt offiziell mein Lieblingsort in Daegu und dabei habe ich bis jetzt nur einen Bruchteil gesehen. Es hat sich so gut angefühlt, mal wieder Natur um mich zu haben. Es gab sowohl „normalen“ Wald als auch einen Bambus-Wald. Am Eingang des Parks befand sich ein kleines Café, das irgendwie nicht so richtig offen, aber auch nicht so richtig zu war, als wir dort ankamen. Die Beleuchtung war auf jeden Fall minimal eingestellt und setzen durften wir uns auch nicht. Aber unseren Pfirsich-Eistee durften wir trotzdem bestellen. Und die Dame hatte mit uns erschöpft aussehenden und verschwitzten Ausländern wohl Mitleid. Sie schenkte uns nämlich ein paar Früchte, die wir nicht ganz zuordnen konnten. Ich glaube, es war eine Art Nektarine. Mit unseren Pfirsich-Eistees in den Händen sind wir ein bisschen weiter in den Park gelaufen und haben uns dort im Schatten auf eine Bank gesetzt.

Zum Restaurant haben wir dann aber doch ein Taxi genommen, da wir keine Lust hatten, den ganzen Weg zurück zu laufen und wir zudem auch gar nicht mehr die Zeit dafür gehabt hätten. Wir mussten übrigens die Plastikbecher von unseren Getränken bis ins Restaurant mit schleppen, da es hier so gut wie gar keine öffentlichen Mülleimer gibt. Unsere Freunde waren bereits dort und wir konnten daher sofort das Essen bestellen. Ich bin mir nicht sicher, ob es thailändisches oder vietnamesisches Essen war – es war auf jeden Fall super lecker. Und bezahlt hat jeder von uns unter 10 Euro. Ich bin immer noch erstaunt, wie günstig es ist, hier auswärts Essen zu gehen.

Danach ging es dann zusammen zur Kirche. Dort haben wir uns aber nicht lange aufgehalten, da wir Lust auf Nachtisch hatten. Es ging also zu einem Café und wir gönnten uns Bingsu. Das kann man glaube ich als milchbasierten Eis-Nachtisch mit vielen Früchten oben drauf beschreiben. Beim Genießen vom Nachtisch haben wir mindestens zehn Minuten darüber geredet, wie man im Koreanischen „1. Januar“ ausspricht. Das ist für uns Ausländer nämlich gar nicht so leicht, wie man denken könnte und nach zehn Minuten habe ich tatsächlich auch aufgegeben, es zu versuchen. Aber das sind so Momente, wo ich mir wünsche, dass ich unsere Gespräche aufnehmen könnte und euch vorspielen könnte, da es immer mit sehr viel Lachen verbunden ist. Es macht übrigens den Eindruck auf mich, dass die Koreaner häufig ebenfalls von ihrer eigenen Sprache verwirrt sind. So haben wir später am Abend noch eine Diskussion unter den Koreanern ausgelöst, wie ein bestimmtes Wort ausgesprochen wird.

Nach dem Bingsu-Essen haben wir noch spontan entschieden, zu einem kleinen Park zu fahren, der direkt neben einem See liegt. Der Park war erstaunlich voll, aber das hat uns nicht davon abgehalten, die Atmosphäre und die Aussicht zu genießen und der Wasserschau zu zusehen.

Es war ein sehr schöner Tag, der absolut anders als geplant ablief. Aber das hat den Tag irgendwie noch einmal schöner gemacht. Übrigens merkt ihr, dass nicht nur meine Tagesabläufe hier anders verlaufen als geplant, sondern anscheinend auch meine Blogbeiträge. Eigentlich wollte ich euch von meinem Tag des Einzugs berichten, aber der Beitrag hat von sich aus eine andere Richtung eingeschlagen. Aber aufgeschoben heißt ja nicht aufgehoben. Darüber werde ich euch auch noch berichten.

Eine Sache gibt es aber noch, die ich euch heute noch erzählen möchte. Mein Chef auf der Arbeit hat mich letzte Woche „gefeuert“. Er kam zu mir und meinte, dass er vergessen hätte, dass er ja noch eine weitere Kellnerin hat und dass er mich daher nicht mehr brauchen würde. Ich konnte dann wählen – entweder ich arbeite überhaupt nicht mehr für ihn oder nur noch freitags und samstags. Ich habe mich für die zweite Option entschieden, um wenigstens noch ein bisschen Einkommen zu haben, während ich einen neuen Job suche. Ich möchte nämlich so schnell wie möglich davon loskommen, von meinem Ersparten zu leben. Für mich ist daher also wieder Jobsuche angesagt. Das dürft ihr sehr gerne mit ins Gebet nehmen.

Ansonsten geht es mir hier aber wirklich super und ich fühle mich sehr wohl. Auch wenn in mir der Wunsch größer wird, mal aus Daegu raus zu kommen und etwas anderes zu sehen. Im Moment hängt der Plan im Raum, nächste Woche einen Tagesausflug in eine andere Stadt zu unternehmen. Mal schauen, was daraus wird.

Der nächste Beitrag kommt hoffentlich nicht erst in anderthalb Wochen. Ich werde mich bemühen, ihn früher zu schreiben. An Inhalten für Beiträge fehlt es mir ja nicht.

P.S.: Ich durfte gerade mal wieder die Hilfsbereitschaft der Koreaner erleben. Ich wollte im Café am Bildschirm mein Getränk bestellen und war beim Bezahlen etwas verwirrt von einer Meldung, die aufploppte. Als ich gerade innerlich noch am abwägen war, ob ich mein Handy rauskramen sollte und die Übersetzungs-App zu Hilfe ziehen sollte oder lieber auf gut Glück irgendetwas drücken sollte, kam eine freundliche Frau zu mir und drückte für mich die richtigen Auswahlmöglichkeiten. Sehr freundlich.

4 Gedanken zu „Anders als geplant

  1. WOW, entweder das westliches Essen oder der Nachtisch sieht super aus. Looks like very good choice.
    Und der Bambus-Wald ist auch schön! This reminds me a lot of my hometown, wo bekannt wegen Bambus ist. XD
    Und finally! Du hast die Erfahrung über Karaoke-Bar. Wie findet du es? Magst du das? (Ich kann gar nicht singen. XP)

    Wie immer: Ich wünsche dir viel Spaß und Glück.
    LG

    1. Der Bambus-Wald war soooo schön. Leider ist es in letzter Zeit viel zu heiß, um in den Park zu gehen. Aber sobald es etwas kühler wird, werde ich da auf jeden Fall häufiger hingehen.
      Der Norae-Bang war eine lustige Erfahrung und die Lieder dort konnte ich auch nicht singen – aber das ist ja gerade der Spaß an der Sache 🙂 Ich mochte es auf jeden Fall und werde bestimmt noch einmal zu einem Norae-Bang gehen.

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